Gutachten: Beweislast für Fluchtgründe bei Asylsuchenden rechtlich umstritten
Der Plan der schwarz-roten Koalition, Asylsuchenden bei den Asylbehörden und vor Gericht eine umfassende Beweislast für die gründe ihrer Verfolgung aufzuerlegen, verstößt möglicherweise gegen europäisches und deutsches Recht. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde und über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Widerspruch zu EU-Recht und Grundgesetz
Das Gutachten stellt fest, dass es nicht mit EU-Recht vereinbar wäre, wenn Behörden und Gerichte die allgemeine Gefährdungslage in den Zielstaaten nicht mehr von Amts wegen ermitteln würden. Auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz sei es nicht vereinbar, Asylsuchenden den vollständigen Nachweis der Risiken abzuverlangen, die ihnen beispielsweise bei einer Abschiebung drohen könnten.
Änderung des Amtsermittlungsgrundsatzes im Koalitionsvertrag
Im Fokus des Gutachtens steht ein Satz aus dem Koalitionsvertrag: „Aus dem Amtsermittlungsgrundsatz muss im Asylrecht der Beibringungsgrundsatz werden.“ Dies bedeutet, dass Gerichte künftig nicht mehr eigenständig Beweise zu möglichen Gefahren für Flüchtlinge erheben, sondern die Kläger selbst Zeugen benennen oder Dokumente vorlegen müssten.Diese Änderung würde über die bisherigen Mitwirkungspflichten hinausgehen, nach denen Flüchtlinge zwar über Ursachen und Umstände ihrer Flucht Auskunft geben müssen, jedoch nicht über die allgemeine Risikolage im Herkunftsland.
Bewertung und aktueller Stand
der Linken-Abgeordnete Aaron Valent sieht in einer solchen Reform einen erheblichen Eingriff in die Menschenrechte, da dadurch eine Hürde geschaffen würde, die Flüchtlinge kaum überwinden könnten. Ein Gesetzentwurf zu dieser Frage liegt bislang nicht vor. Nach Angaben der Bundesregierung ist die Prüfung des Vorhabens noch nicht abgeschlossen.