Forderung nach Abbau von handelshürden im EU-Binnenmarkt
Wenige Tage vor der Einführung neuer US-Zölle auf EU-Exporte hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) die Beseitigung interner Barrieren im EU-Binnenmarkt gefordert.Laut Reiche belaufen sich die Belastungen durch solche Barrieren auf 44 Prozent und sind damit fast dreimal so hoch wie die drohenden US-Zölle. „Das sind über das Jahr genommen Milliarden Verluste, die den Unternehmen und damit auch den Arbeitnehmern verloren gehen“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Die Ministerin forderte, die EU müsse ihren Binnenmarkt endlich vollenden. Es habe zuletzt zwar kleine Fortschritte gegeben, doch „wir sind noch längst nicht am Ende“, so Reiche.
Unterstützung von Wirtschaftsexpertinnen
Unterstützung erhält Reiche von der Ökonomin Veronika Grimm. Sie bezeichnete den Schaden durch EU-interne Handelshemmnisse als immens. Die Vielzahl unterschiedlicher Regeln schrecke Unternehmen und Investoren ab – sowohl innerhalb der EU als auch aus Drittstaaten. „Unternehmen investieren nicht, wenn sie die Regelungen gar nicht mehr durchschauen. Auf EU-Ebene, in den Mitgliedsstaaten, in den Bundesländern und in den Kommunen – überall gibt es unterschiedliche oder zusätzliche Regeln“, erklärte Grimm.Grimm betonte die Notwendigkeit, das über Jahre entstandene „Regulierungsdickicht“ zu beseitigen. „Wir müssen unbedingt Regeln abbauen, dann verschwindet automatisch Bürokratie und es wird mehr investiert.“ Sie wies darauf hin, dass die EU sich weniger auf externe Faktoren wie US-Zölle konzentrieren und stattdessen eigene Reformen vorantreiben sollte. Angesichts des internationalen Wettbewerbsdrucks, etwa durch China, sei es entscheidend, konsequente Reformen umzusetzen. Andernfalls drohe eine noch größere Krise.
Maßnahmen der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission teilte auf Anfrage mit, dass sie mit ihrer neuen Binnenmarktstrategie die „zehn größten Hindernisse“ – die sogenannten „Schrecklichen Zehn“ – angehen wolle.Dazu zählt auch der Abbau übermäßig komplexer EU-Vorschriften.Ziel der Strategie sei es, den Binnenmarkt nahtloser, einfacher und stärker zu gestalten.
Kritik an Bürokratie und Regulierung
Der Europäische Steuerzahlerbund sieht hingegen keine Anzeichen für einen Abbau der Bürokratie. Michael Jäger, Chef der Taxpayers Association of Europe (TAE), kritisierte, dass die EU unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Bürokratie weiter ausgebaut habe.Die EU habe von 2019 bis 2024 fast viermal so viele Rechtsakte verabschiedet wie die USA. Bis Mitte 2025 seien 1.364 neue EU-Vorschriften hinzugekommen, davon 934 direkt von der Kommission initiiert.
Der EU-Abgeordnete und Wirtschaftsexperte Markus Ferber (CSU) warf der EU-Kommission vor, Unternehmen durch neue Berichtspflichten zu belasten. Stattdessen solle die Kommission einen integrierten binnenmarkt schaffen,etwa in den Bereichen Telekommunikation,Energieversorgung oder Finanzdienstleistungen.
Bedenken hinsichtlich internationaler Abhängigkeiten
Der deutsch-US-amerikanische Ökonom Rudi Bachmann von der universität Notre Dame äußerte sich kritisch zum aktuellen Kurs der EU. Er sieht in dem umstrittenen Zollabkommen mit den USA eine wachsende Abhängigkeit Europas. Dies führe dazu, dass Europa und insbesondere Deutschland international nicht ernst genommen würden.