Thierse ruft zu Zurückhaltung im Streit um Verfassungsgerichts-Kandidatin auf
Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD),der lange Zeit Mitglied im zentralkomitee der deutschen Katholiken war,hat sowohl seine eigene Partei als auch die Union im Streit um die Verfassungsgerichts-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu Zurückhaltung und Toleranz aufgerufen.
Appell an SPD und Union
Thierse erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Ich rate meiner eigenen Partei, die Schärfe der Auseinandersetzung herunterzudimmen und kritische Äußerungen nicht nur als Kampagne zu empfinden – selbst wenn es Hetze gegeben hat.“
Er betonte zudem, dass Vertreter der katholischen Kirche ihre grundsätzlichen Überzeugungen zum Thema Menschenwürde des ungeborenen Lebens zum Ausdruck bringen dürften. „Wenn man Stellungnahmen der Kirchen zu bestimmten Themen ausdrücklich wünscht, dann sollte man sie nicht beschimpfen, wenn einem Stellungnahmen zu anderen Themen nicht gefallen“, so Thierse.
Pluralität im Bundesverfassungsgericht
Thierse riet der Union, zu akzeptieren, dass sich auch im Bundesverfassungsgericht die Pluralität von Überzeugungen widerspiegele, solange diese im Rahmen des Grundgesetzes blieben. Er appellierte zudem, sich gründlich mit den anstehenden Fragen zu beschäftigen und die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf selbst zu Wort kommen zu lassen.
Hintergrund der Debatte
Zuletzt hatten Politiker von CDU und CSU sowie Vertreter der katholischen Kirche Brosius-gersdorf wegen ihrer liberalen Haltung zu Abtreibungsfragen kritisiert und als nicht wählbar bezeichnet. im Gegenzug betonten prominente SPD-Politiker, dass sie die Kandidatin der Partei bleibe. Aufgrund des Widerstands der Union gegen Brosius-Gersdorf wurden am Freitag die Wahlen aller drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht von der Tagesordnung des Bundestages abgesetzt. Wie das verfahren weitergeht, ist derzeit unklar.