Ökonomen sehen etablierte Parteien in der Verantwortung für AfD-Aufstieg
Führende Ökonomen haben Union und SPD für die steigenden Umfragewerte der AfD mitverantwortlich gemacht. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass die AfD kein Randphänomen mehr sei, sondern in weiten teilen der Bevölkerung bis in die Mitte der Gesellschaft zunehmend Unterstützung erhalte.Dies habe auch mit Schwächen der etablierten Parteien zu tun. „Die Parteien der Mitte erwecken derzeit leider mehrheitlich den Eindruck,mit den anstehenden Herausforderungen überfordert zu sein“,so Fuest.
Kritik an Reformpolitik und Forderung nach Veränderungen
Marcel Fratzscher, präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), warf der Regierung „Unfähigkeit zu grundlegenden Reformen“ vor. Dies sei „Wasser auf die Mühlen der AfD“, da die Unzufriedenheit der Menschen weiter zunehme. Sollte es in der Reformpolitik nicht vorangehen, brachte Fratzscher eine Expertenregierung ins Gespräch. „Wenn diese große Koalition nun nicht den Mut und politischen Willen für grundlegende Reformen aufbringt, dann benötigen wir eine technokratische Regierung, die notwendige Reformen überparteilich umsetzt, so wie dies uns immer wieder andere westliche Regierungen in den letzten Jahrzehnten vorgemacht haben“, sagte Fratzscher.
Auch Ifo-Chef Fuest mahnte Reformen an und betonte, dass Fehlentwicklungen korrigiert werden müssten. Als Beispiele nannte er „Überbürokratisierung und eine irrationale, selbstschädigende Energie- und Klimapolitik, wie Deutschland sie betreibt“.
Migrationspolitik bleibt zentrales Thema
Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen,Lars Feld,hob die Migrationspolitik als weiterhin entscheidendes Thema für AfD-Wähler hervor. „Hier wird die Bundesregierung liefern müssen“, sagte Feld dem „Handelsblatt“. Er warnte zugleich vor den Folgen eines weiteren Erstarkens der AfD. „die AfD hängt in wesentlichen Teilen immer noch der Idee eines Austritts aus europäischen Institutionen an, insbesondere aus der Währungsunion“, erklärte Feld.