Erfahrungen während der nominierungsphase
Die gescheiterte Kandidatin für das Amt der Bundesverfassungsrichterin, Frauke Brosius-Gersdorf, hat die Zeit ihrer Nominierung als existenziell und „eine Art ausnahmezustand“ erlebt. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ schilderte Brosius-Gersdorf, dass sie zuvor keine öffentliche Person gewesen sei und als Wissenschaftlerin überwiegend am Schreibtisch gearbeitet habe. Die plötzliche öffentliche Aufmerksamkeit, das Erleben von Unwahrheiten und Hetze im Internet hätten sie stark belastet.
Kritik an CDU/CSU-Fraktion und Bundeskanzler
Brosius-Gersdorf äußerte deutliche Kritik an Bundeskanzler Friedrich Merz sowie an der CDU/CSU-Fraktion. Sie beklagte, dass von ihr ein „Zerrbild“ gezeichnet worden sei und die Bereitschaft in Teilen der Unionsfraktion, sich sachlich mit ihrer Person auseinanderzusetzen, aus ihrer Sicht nur begrenzt vorhanden gewesen sei.
Umgang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch
Die Rechtswissenschaftlerin erklärte, sie habe bereits in den ersten informellen Gesprächen angeboten, über ihre Position zum Schwangerschaftsabbruch zu sprechen, da es möglicherweise Differenzen geben könnte. Ein Gespräch darüber sei jedoch nicht erwünscht gewesen. Brosius-Gersdorf zeigte sich überrascht, dass dieses Thema später zu einem Problem wurde und sie deshalb nicht wählbar gewesen sei. Sie betonte, dass der Senat des Gerichts, für den sie vorgesehen war, sich nicht mit Fragen des Schwangerschaftsabbruchs befasse.
Entscheidung zum Rückzug der Kandidatur
Brosius-Gersdorf berichtete, der Bundeskanzler habe sich nie bei ihr gemeldet.Sie bezeichnete es als Fehler, dass die Richterwahl im Plenum des Bundestages zur Gewissensfrage erklärt worden sei, da es sich ihrer Ansicht nach um eine Personalentscheidung handle. Ihrer Entscheidung, die Kandidatur zurückzuziehen, sei ein wochenlanger Prozess vorausgegangen. Sie hadere weiterhin mit dieser Entscheidung, da sich damit unsachliche Kampagnen durchgesetzt hätten. Dennoch halte sie den Rückzug für richtig,da sie keine Chancen auf eine Wahl mehr gesehen habe und eine weitere Zuspitzung vermeiden konnte.