Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Ferda Ataman, fordert, die Beschwerdefrist bei Diskriminierung von zwei auf zwölf Monate zu verlängern. Menschen bräuchten Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten und überlegte Entscheidungen zu treffen, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Begründung Atamans
Ataman erklärte: „Wer diskriminiert wird, braucht Zeit - und keinen Zeitdruck.“ Während Menschen in den meisten europäischen Ländern eine Frist von drei bis fünf Jahren hätten, um sich gegen eine Diskriminierung zu wehren, seien es in Deutschland nur zwei Monate. „Ich plädiere für eine Frist von mindestens zwölf Monaten.Dann können Menschen auch in Deutschland das Erlebte verarbeiten, sich beraten lassen und überlegte Entscheidungen treffen.“
Sie betonte, eine längere Frist könne auch zur Lösung von Konflikten beitragen. „Die kurze Frist eskaliert Konflikte,vor allem gegenüber dem Arbeitgeber. Einige fühlen sich genötigt, schnell zu klagen, obwohl sie lieber eine außergerichtliche Lösung möchten. Eine längere Frist würde Betroffenen und Unternehmen helfen, weil sie mehr Zeit für Lösungen bietet, um nicht vor Gericht zu landen“, sagte Ataman.
Beispiele und Vergleich
Als Beispiel nannte Ataman Fälle von sexueller Belästigung und wies auf Ungleichbehandlungen hin. „Bei einem Verkehrsunfall haben Menschen drei Jahre Zeit, rechtliche Schritte einzuleiten, bei sexueller Belästigung oder Diskriminierung am Arbeitsplatz nur zwei Monate – wie kann das sein?“, sagte sie.
Rechtslage nach dem AGG
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht vor, dass Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach einem Vorfall geltend gemacht werden müssen, indem von den Verantwortlichen beispielsweise Unterlassung, Beseitigung, Schadensersatz oder Entschädigung gefordert wird. Wird die Frist versäumt,erlöschen die Ansprüche dauerhaft,unabhängig davon,wie gravierend die Diskriminierung war. Das AGG regelt Situationen am Arbeitsplatz sowie bei der Nutzung von privaten Dienstleistungen und Gütern. Staatliches Handeln ist davon nicht erfasst.
