Einschätzung von Veronika Grimm zum Zoll-Abkommen
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht das Zoll-Abkommen der Europäischen Union mit den USA als Beleg für die Schwäche Europas. „Die EU konnte vermutlich nicht mehr rausholen,so sind aktuell eben die Machtverhältnisse“,sagte Grimm dem Nachrichtenmagazin Politico. Sie forderte,die EU müsse „endlich aufwachen und sich um ihre eigene Wachstumsagenda kümmern“. Andernfalls drohe Europa, den Anschluss zu verlieren.
Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft
Grimm erklärte, das Abkommen sei nur unter den gegebenen Umständen akzeptabel.„Die Zölle werden die deutsche Wirtschaft belasten, es ist aber gut, dass die hohen Zölle für die Automobilindustrie nicht bestehen bleiben“, so Grimm. Beim Import von Energie und Waffen aus den USA sieht sie keine Alternative, da Europa langfristig auf Importe angewiesen sei.
Kritik an europäischer Politik
Die aktuelle Situation sei laut Grimm selbstverschuldet. Sie kritisierte, die Politik in der EU informiere die Bevölkerung nicht ausreichend und verdecke strukturelle Probleme durch hohe Verschuldung. Grimm, die auch dem Beraterkreis von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) angehört, sagte: „Jetzt verschulden wir uns und kaufen davon Waffen und Energie aus den USA. Damit bleiben uns nur die Schulden.Wachstumseffekte und Wertschöpfung resultieren daraus in den USA.“ In Deutschland werde die neue verschuldung genutzt, um den Anstieg der sozialausgaben nicht dämpfen zu müssen. Dies sei keine Wachstumsstrategie.
warnung vor technologischer Rückständigkeit
Grimm äußerte Zweifel, ob der Großteil der Politiker der Regierungsparteien die dramatik der aktuellen Situation erkenne. Sie warnte, die geopolitische Lage verschiebe sich und Europa falle technologisch immer weiter zurück. Die Wirtschaftskraft Deutschlands und der EU sei entscheidend für den Erhalt westlicher Werte. Dafür sei mehr Produktivität notwendig, insbesondere durch technologischen fortschritt, der jedoch durch Regulierung nach dem Vorsorgeprinzip ausgebremst werde.
Forderungen für eine Wachstumsstrategie
als wichtigste Maßnahmen nannte Grimm die Forschungsförderung nach dem Prinzip „High Risk – High Return“,deregulierung und den Abbau von Bürokratie,um das Umfeld für Start-ups attraktiver zu machen. Sie forderte zudem eine Abkehr vom Vorsorgeprinzip bei Technologierisiken und Änderungen bei der Arbeitsmarktregulierung.
Kritik von Franziska Brantner
Auch die Bundesvorsitzende der Grünen, Franziska Brantner, äußerte Kritik an der Einigung im Zollstreit. Sie bezeichnete das Abkommen als nachteilig für Europa und gab Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine Teilschuld. „Die EU konnte ihre große Marktmacht in den Verhandlungen nicht ausreichend ausspielen – auch aufgrund des öffentlichen drucks von Friedrich Merz für eine schnelle Einigung und gleichzeitiger Verweigerung, ein weiteres Drohpotential zum Beispiel via Digitalabgabe aufzubauen“, sagte Brantner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Auswirkungen auf die europäische industrie
Brantner kritisierte, Merz habe öffentlich Druck auf Kommissionspräsidentin Ursula von der leyen ausgeübt und damit ihre Verhandlungsposition geschwächt. Zudem hätte merz sich für eine Digitalabgabe von großen US-Tech-Konzernen einsetzen müssen, die in Europa weiterhin steuerfreie Milliardengewinne erzielten. Das geplante Gegengeschäft mit den USA,etwa langfristige Importverträge für LNG-Gas,könne die europäischen Klimaziele gefährden.
Sorge um Wettbewerbsfähigkeit
Brantner warnte, dass ein zu starkes Entgegenkommen der EU problematisch sei. „Mit appeasement lernt Trump, dass seine Erpressungsmethoden funktionieren – wir müssen davon ausgehen, dass er nun immer weitermachen wird.“ Die Leidtragenden seien Unternehmen, die täglich um ihre Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit kämpfen. Insbesondere Zölle von bis zu 50 Prozent auf europäischen Stahl und Aluminium seien ein massives Problem für Deutschland. „Statt Entlastung kommen jetzt neue Belastungen hinzu“,so Brantner.