Erwartete Stromabschaltungen im Herbst
Der Chef des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, Christoph Müller, rechnet im Herbst mit kontrollierten Lastabschaltungen und hohen Strompreisen. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ betonte Müller, dass es aufgrund einer Dunkelflaute keinen Blackout geben werde. Solche Situationen seien gut prognostizierbar und die Übertragungsnetzbetreiber verfügten über umfangreiche Maßnahmen. Dennoch warnte Müller, dass die notwendigen Schritte der Situation angemessen, aber nicht angenehm sein würden.
Vorgehen bei Stromabschaltungen
Laut Müller würden vordefinierte Gruppen im Vorfeld informiert, dass bei ihnen am folgenden Tag für eine bestimmte Zeit – beispielsweise für anderthalb Stunden – der Strom abgeschaltet werde. Krankenhäuser müssten in diesem Fall auf Notstromaggregate umschalten und gegebenenfalls Operationen verschieben. Supermärkte könnten gezwungen sein, ihre Filialen zu schließen, und Industriebetriebe müssten möglicherweise Produktionslinien vorübergehend stilllegen.
Notwendigkeit neuer Kraftwerke
Solche Maßnahmen seien nicht nur bei Dunkelflauten, sondern auch bei sogenannten Hellbrisen, also Perioden mit viel Wind und Sonne, denkbar. Müller betonte daher die bedeutung eines zügigen Baus neuer Kraftwerke. Die Bundesnetzagentur warnte in einem aktuellen Bericht, dass bis 2035 bis zu 22,4 Gigawatt steuerbare Kapazitäten fehlen könnten, etwa durch neue Gaskraftwerke, sofern die Ausbauziele für erneuerbare Energien erreicht werden und es keine Stilllegungen gibt. Bei einer verzögerten Energiewende könnten sogar bis zu 35,5 Gigawatt an steuerbaren Kapazitäten notwendig werden.
Ausblick auf die kommenden Winter
Für die kommenden beiden Winter sieht Müller die Situation als beherrschbar an. Allerdings rechnet er mit sehr hohen Strompreisen am Markt. Müller äußerte zudem Zweifel daran, dass der Kohleausstieg wie geplant umgesetzt werden könne.Die Bundesnetzagentur habe bislang kein Kohleverfeuerungsverbot ausgesprochen, da bereits viele Kohlekraftwerke stillgelegt wurden und die gesetzlichen Ziele für 2028 erreicht seien.
Keine Option für Atomkraftwerke
Den Bau neuer Atomkraftwerke sieht Müller nicht als Lösung. Er verwies darauf,dass die Genehmigung eines Kernkraftwerks 15 Jahre dauere und der Bau weitere 15 Jahre in Anspruch nehme. Dies sei keine Hilfe für die aktuellen Herausforderungen.
Debatte um Monitoring
Zur aktuellen Debatte um das Monitoring durch bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) erklärte Müller, diese werde seiner Ansicht nach zu emotional geführt. Er betonte, dass Reiche nicht als gegenspielerin von Bundesminister Habeck zu sehen sei.