Intensivmediziner fordern erweiterte Grippe-Impfempfehlung
Intensivmediziner drängen angesichts einer erwarteten frühen Grippewelle auf eine Ausweitung der Impfempfehlung in Deutschland. Auf dem Jahreskongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) in Hamburg forderte Divi-Präsident Florian Hoffmann die Ständige Impfkommission (Stiko) auf,die Influenza-Impfung künftig allen Menschen ab sechs Monaten zu empfehlen. Das berichtete die „Süddeutsche zeitung“ in ihrer donnerstagausgabe.
Bestehende Empfehlung und Datenlage
Aktuelle Stiko-Empfehlungen
Die Stiko empfiehlt die Grippe-Impfung derzeit für Menschen ab 60 Jahren sowie für definierte Risikogruppen. Eine allgemeine Empfehlung für alle Altersgruppen besteht bislang nicht.
Schwere Verläufe in der vergangenen Saison
Eigene Daten der Intensivmediziner-Vereinigung zeigen, dass in der vergangenen Saison viele Kinder schwer an influenza erkrankten, darunter viele ohne Vorerkrankungen. Von Januar bis Mai seien insgesamt etwa 135.000 Menschen wegen der Grippe im Krankenhaus behandelt worden, darunter knapp 30.000 Minderjährige. 500 Kinder und Jugendliche mussten laut Divi beatmet werden, 82 seien gestorben.
Rolle von Kindern und Impfquoten
die Intensivmediziner sehen Kinder und Jugendliche nicht nur als besonders gefährdet, sondern auch als wesentliche Treiber der Infektionsketten. Eine breitere Impfkampagne könne nach darstellung der Divi über den Schutz der Kinder hinaus dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus in Familien und Schulen einzudämmen.
Hoffmann kritisierte die bislang niedrigen Impfquoten in Deutschland. Er sprach von einem deutlich unterschätzten Virus, das sicher „kein Schnüpfchen“ sei.
Kritik am Vorstoß der Intensivmediziner
Bewertung durch Kinderinfektiologen
Der Vorstoß ist umstritten. Die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Nicole Töpfner, sagte, die meisten gesunden Kinder und Jugendlichen überstünden eine Grippe gut. Eine allgemeine Impfempfehlung für alle halte die DGPI deshalb für nicht zwingend. Vorrangig sei aus Sicht der Fachgesellschaft der Schutz von Risikogruppen und deren Kontaktpersonen.
Töpfner betonte, Eltern gesunder Kinder könnten sich auch ohne Stiko-Empfehlung dazu entscheiden, ihre Kinder gegen Influenza impfen zu lassen.
Zurückhaltende Reaktion der Ständigen Impfkommission
Auch die Stiko äußerte sich zurückhaltend. Berit Lange, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Influenza der Stiko, sagte, man befinde sich zwar bereits im Anstieg der Grippewelle, dieser verlaufe jedoch im erwartbaren rahmen. Eine Abweichung vom üblichen Verfahren zur Anpassung von empfehlungen sei daher derzeit nicht vorgesehen.
Das Thema habe innerhalb der Stiko hohe Priorität. Man arbeite nach Angaben Langes “so schnell wie möglich“ an der Bewertung der verfügbaren Daten zur Influenza-Impfung.











