Forderung nach verpflichtenden Fortbildungen für Geschichtslehrer
Der Vorsitzende des Verbands der Historiker Deutschlands (VHD), Lutz Raphael, spricht sich angesichts zunehmender Wissenslücken bei jungen Menschen und der Verbreitung von Fake News für verpflichtende Fortbildungen von Geschichtslehrern aus. In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ betonte Raphael, dass die derzeitigen Fachkräfte, die Geschichte unterrichten, zwingend weiterqualifiziert werden müssten.
Herausforderungen im Geschichtsunterricht
Raphael erklärte,Lehrkräfte müssten auf die aktuellen Herausforderungen vorbereitet werden und dürften nicht vor einer Mischung aus pubertärer Provokation und Halbwissen kapitulieren. Die Ursachen für Wissenslücken, etwa zur NS-Zeit und zum Holocaust, sieht er in Problemen der schulischen Vermittlung. Geschichte werde häufig von fachfremden Lehrkräften oder nur in Kombination mit anderen Fächern unterrichtet.Diese Schwächen könnten sich langfristig negativ auswirken.Raphael fordert daher, Geschichte müsse durchgehend, ausreichend und von Fachlehrern vermittelt werden.
Umfrageergebnisse zu Geschichtskenntnissen
Eine Umfrage der Jewish Claims Conference zeigte vor wenigen Monaten, dass rund 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen in Deutschland die Zahl der im Nationalsozialismus ermordeten Juden nicht kennen. Zwei von drei Befragten kannten den Namen Auschwitz, und zwölf Prozent gaben an, den Begriff Holocaust noch nie gehört zu haben.
Geschichtsunterricht als Teil der Demokratiebildung
Raphael betonte die Bedeutung des Geschichtsunterrichts für die Demokratiebildung.Angesichts der Verbreitung von Fake news in sozialen Medien müsse diese Bildung intensiver vermittelt werden. Es gehe dabei um grundlegende gesellschaftliche Fragen. Raphael wies darauf hin,dass es nicht um Standespolitik gehe,sondern um die Bedeutung des fachs für die Gesellschaft. Ein Ausfall des Mathematikunterrichts in Zeiten der Digitalisierung wäre grob fahrlässig, und das gelte ebenso für den Geschichtsunterricht.
Vergleich mit anderen Berufsgruppen
Der Historiker äußerte Unverständnis darüber, dass es für Lehrer keine Weiterbildungspflicht gibt.Er halte dies für fahrlässig. In anderen Berufen wie Medizin, Psychologie oder Therapie sei eine regelmäßige Weiterqualifizierung Voraussetzung für die Berufsausübung. Eine solche verpflichtung könne auch für Lehrkräfte eingeführt werden.