Haseloff zweifelt an Zeitplan für Klimaneutralität bis 2045
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident reiner Haseloff (CDU) hat den aktuellen Zeitplan zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 infrage gestellt. Er erklärte gegenüber dem TV-Sender „Welt“, dass dieses Ziel unter den derzeitigen Bedingungen, wie dem Ukraine-Krieg, der Weltwirtschaftskrise und der Wirtschaftspolitik der USA, nicht erreichbar sei – es sei denn, dies würde mit dem Verlust ganzer Industriezweige oder wesentlicher Teile davon einhergehen. Haseloff forderte daher eine Anpassung des bisherigen Fahrplans, ohne das grundsätzliche Ziel der Klimaneutralität aufzugeben. „Wir brauchen einen anderen Pfad dorthin“, so Haseloff.
Hintergrund: Vorverlegung des Klimaziels
Die schwarz-rote Koalition in Sachsen-Anhalt hatte 2021 das Ziel der Klimaneutralität von 2050 auf 2045 vorgezogen. Anlass war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das mit Blick auf das verbleibende CO2-Budget Deutschlands zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,75 Grad entschied. Demnach würde ein zu schneller Verbrauch des CO2-Budgets die Freiheiten zukünftiger generationen zu sehr einschränken. Deutschland hätte laut Gericht die Möglichkeit, auch später klimaneutral zu werden, sofern im Gegenzug schneller mehr CO2 eingespart wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte legte 2024 in einem ähnlichen Urteil ebenfalls ein CO2-Budget als Maßstab fest, das sich jedoch an der 1,5-Grad-Grenze orientiert und entsprechend kleiner ausfällt.
Forderung nach Begrenzung des Emissionshandels
haseloff sprach sich zudem für eine Begrenzung des Europäischen Emissionshandels aus. Er betonte, die energieintensive Industrie müsse von Auflagen wie dem Zertifikatehandel befreit werden. Konkret nannte er die Bereiche Stahl, Grundstoffchemie, Automobilzulieferung und die Metallverarbeitung. Bislang sieht der Emissionshandel (ETS-1) vor, dass die Industrie durch die jährliche Reduktion von CO2-Zertifikaten bis 2040 emissionsfrei sein muss.
Sorge um Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Der Ministerpräsident verwies auf die hohen Energiepreise, unter denen besonders die energieintensiven Unternehmen in Ostdeutschland litten. Diese Unternehmen verlören ihre Märkte und seien nicht wettbewerbsfähig. Haseloff warnte, dies könne zu einer schrittweisen Deindustrialisierung führen, wenn nicht gehandelt werde.
Kritik am Fahrplan für den Kohleausstieg
Haseloff stellte auch den bisherigen Fahrplan für den Kohleausstieg zur Diskussion. Er betonte, es müsse geprüft werden, wie der Energiemix in den kommenden Jahren gestaltet werde. In nächster Zeit würden weitere Kohlekraftwerke vom Netz genommen. Haseloff forderte eine Debatte über den Bedarf an Gaskraftwerken und eine mögliche Anpassung des Kohleausstiegsfahrplans.
Forderung nach bezahlbarer Energie
Abschließend betonte Haseloff die Bedeutung bezahlbarer Energie für die Wirtschaft. „Und die haben wir momentan nicht. Und deswegen wird das Wirtschaftswachstum auch nicht besser werden demnächst, wenn wir hier nicht eine ganz klare Kursänderung herbeiführen“, sagte er.