Streit um Steuerpolitik in der Koalition
Die schwarz-rote Koalition steht vor einem Konflikt über die Steuerpolitik. Die Union lehnt mögliche Steuererhöhungen ab, die Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) ins Gespräch gebracht hatte. „Steuer- oder Abgabeerhöhungen sind generell keine sinnvolle Option“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), dem „Handelsblatt“. Nach seiner Ansicht bestehe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Der Fokus müsse auf Strukturreformen und Einsparungen liegen.
SPD offen für Steuererhöhungen
Die SPD bekräftigte die Aussagen von Klingbeil, der sich angesichts der großen Lücken in der Finanzplanung offen für Steuererhöhungen gezeigt hatte. „Wir steuern nicht nur auf eine große Haushaltslücke zu, sondern haben auch eine immer größer werdende Vermögensungleichheit in unserem Land“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar, der Zeitung.
Debatte um Vermögens- und Erbschaftssteuern
Esdar betonte, es müsse diskutiert werden, wie besonders hohe Vermögen und Erbschaften einen stärkeren Beitrag zum Gemeinwohl leisten könnten. Dabei gehe es um Steuererhöhungen für die Superreichen. Dies sei eine Frage der Gerechtigkeit, über die auch mit der Union gesprochen werde.
Kritik von Wirtschaftsexperten
Ordoliberale Ökonomen äußern sich kritisch zu möglichen Steuererhöhungen. „Steuererhöhungen würden das Wachstum beeinträchtigen“, warnte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Zudem sei die Staatsquote im Vergleich zu 2019 bereits deutlich gestiegen und liege derzeit bei knapp 50 Prozent. Dies spreche dafür, Ausgaben zu begrenzen, statt die steuern zu erhöhen.
Ähnlich äußerte sich der Finanzwissenschaftler Thiess Büttner. Angesichts der international hohen Steuer- und Abgabenbelastung halte er es für dringend erforderlich, zu konsolidieren und Wachstumskräfte durch Strukturreformen zu fördern.
Der frühere Wirtschaftsweise Lars Feld, der auch ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) beraten hat, sieht ebenfalls ausreichend Sparmöglichkeiten. Bei einer Staatsquote über 50 prozent gebe es genügend Spielraum auf der Ausgabenseite. Man müsse nur konsolidieren wollen.