Kretschmann sieht Grüne an einem Scheideweg
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Bundespartei der Grünen als nicht klar aufgestellt bezeichnet. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Kretschmann, Teile der Partei sympathisierten offenbar mit einer Konkurrenz zur Linken. „Aber damit verabschiedet man sich aus der Mitte. Ich kann darin keinen Sinn erkennen“, so kretschmann. Wer auf die Parolen der Linkspartei setze, müsse sich nicht wundern, wenn die Wähler das Original bevorzugten. Die Grünen müssten vielmehr zeigen, dass sie auf Bundesebene die einzige bürgerliche Partei in der Opposition seien.
Kritik an Migrationspolitik der Grünen
Kretschmann äußerte zudem Kritik am Umgang der Grünen mit der Migrationspolitik. Die Bundespartei habe nie zu einer klaren Linie gefunden, sagte er.Für die Mehrheit der Wähler sei dies ein entscheidendes Thema. „Wir haben da eine Flanke. Wenn wir die nicht schließen, gewinnen wir keine Wähler zurück.“ Eine klare Linie sei aus seiner Sicht notwendig: Deutschland müsse illegalisierte Migration „scharf begrenzen“, um das Asylrecht nicht auszuhöhlen. Gleichzeitig solle die reguläre Migration erleichtert und legale Wege für Fachkräfte geschaffen werden.
Distanz zur Bundespartei und pragmatischer Ansatz
Es ist nicht das erste Mal, dass Kretschmann in zentralen Fragen auf Distanz zur Bundespartei geht. Interventionen aus Stuttgart stoßen in Berlin vor allem bei der Parteilinken regelmäßig auf Ablehnung. Kretschmann ist mit 77 Jahren der einzige Ministerpräsident der Grünen und regiert Baden-Württemberg seit 2011 mit einem pragmatischen Ansatz.Viele Vertreter des realpolitischen Flügels der Partei sehen ihn daher als Referenz.
Appell an Bundesregierung und Forderung nach mehr Produktivität
Kretschmann forderte auch von der schwarz-roten Bundesregierung mehr Mut zu unbequemen Entscheidungen.Er kritisierte einen mangelnden Reformwillen und betonte die notwendigkeit, Themen wie die Rente und die Arbeitszeit ernsthaft zu diskutieren. Deutschland habe eine der geringsten Jahresarbeitszeiten aller Industrienationen, während China technologisch aufhole und eine Sechs-Tage-Woche habe. „Da können wir doch nicht glauben, dass wir immer noch weniger arbeiten können – womöglich bei vollem Lohnausgleich.“ Es gelte, produktiver und intelligenter zu arbeiten. „Wir müssen jetzt mal ranklotzen.“