Interviews der „Jungen Welt“ mit Hamas und weiteren palästinensischen Organisationen
Gespräche im Libanon
Die Tageszeitung „Junge Welt“ hat nach eigenen Angaben Interviews mit Vertretern der Hamas, des Palästinensischen Islamischen Dschihad und der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) geführt. Die Gespräche fanden vor etwa einer Woche im Libanon statt.
Beteiligung an Waffenstillstandsverhandlungen
Alle drei Organisationen werden von zahlreichen westlichen Staaten als Terrororganisationen eingestuft.Dennoch nahmen sie mit eigenen Delegationen an den Verhandlungen in Ägypten teil, die zum Waffenstillstand im Gazastreifen führten. Walid Kilani, Hamas-Sprecher im Libanon, erklärte gegenüber der Zeitung: „Wir führen Verhandlungen über einen waffenstillstand und wir halten an dieser Vereinbarung fest, solange die besatzungsmacht sich daran hält.“
Haitham Abu Ghaslan, ein Anführer des islamischen Dschihad, betonte: „Natürlich gibt es Verstöße, die mit Verstößen beantwortet werden können, aber wir als palästinensischer widerstand bleiben diesem Abkommen verpflichtet.“ Nach Einschätzung der Organisation habe US-Präsident Donald Trump den israelischen Premierminister benjamin Netanjahu dazu gebracht,dem Waffenstillstand zuzustimmen. Abu Ghaslan sagte weiter: „Heute haben Israel und die USA ein Interesse daran, ihre Isolation zu beenden und daher auch an der Fortsetzung dieses abkommens.“
Haltung zur Zweistaatenlösung
Auf die Frage nach einer möglichen Unterstützung der international favorisierten Zweistaatenlösung verwies Kilani auf Israel, das eine solche Lösung nicht anstrebe. „Ihr Ziel ist die Auslöschung des palästinensischen Volkes. Solange Israel weiterhin Gebiete besetzt hält – im Libanon, im Gazastreifen, im Westjordanland oder anderswo – handelt es sich um einen Feind, und wir können dies nicht als Friedensabkommen bezeichnen“, so der Hamas-Sprecher. Es handele sich lediglich um ein Waffenstillstandsabkommen.
Der Islamische Dschihad lehnt eine Zweistaatenlösung ausdrücklich ab: „Wir sind nicht für den Vorschlag und der israelische Feind ist nicht für den Vorschlag.“ Der Vertreter der PFLP erklärte, ziel sei die Befreiung „Palästinas vom Fluss bis zum Meer, das gesamte Land Palästina“.
Verwaltung des Gazastreifens
Die drei Organisationen sprechen sich gegen ein ausländisches mandat für die Verwaltung des Gazastreifens aus.Der Hamas-Sprecher betonte: „Was die Verwaltung des Gazastreifens betrifft, befürworten wir eine Regierung aus Technokraten, eine Verwaltung oder ein komitee, das unabhängig ist, über Kompetenzen verfügt und rein palästinensisch ist.“ Die Hamas sei nicht entschlossen, den Gazastreifen zu regieren.Entscheidend sei, dass eine unabhängige Verwaltung von allen palästinensischen Fraktionen anerkannt werde. Ähnliche Positionen äußerten auch die Vertreter des Islamischen Dschihad und der PFLP.
Stellungnahme zu anschlagsvorwürfen
Bezüglich der Festnahme von drei mutmaßlichen hamas-Mitgliedern Anfang Oktober in Berlin, die Anschläge auf israelische Einrichtungen geplant haben sollen, erklärte der Hamas-Sprecher, dass es sich nicht um Mitglieder seiner Organisation handele. Kilani sagte: „Seit der Gründung der Bewegung bis heute hat die Hamas keine militärischen Operationen außerhalb Palästinas durchgeführt und ihre militärischen Aktionen auf Palästina, das Westjordanland und den Gazastreifen beschränkt. Dies ist ein Grundsatz, den wir befolgen, und wir haben aus den Erfahrungen anderer gelernt.“ Die Hamas verstehe sich als nationale Befreiungsbewegung.
Hintergrund: Gewalt im Nahen Osten
Die Hamas hatte am 7. Oktober 2023 einen Angriff auf Israel verübt, bei dem über 1.100 Menschen getötet und mehr als 200 Personen als Geiseln verschleppt wurden. Auch viele der Geiseln kamen später ums Leben. Israel reagierte mit einem massiven militärischen Gegenschlag, bei dem in den vergangenen zwei Jahren mehrere Zehntausend menschen im Gazastreifen ums Leben kamen.






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