Empfehlungen zur Besetzung des Bundesverfassungsgerichts
Die Berliner Staatsrechtlerin und frühere Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer hat angesichts der weiterhin offenen Nachbesetzung mehrerer Stellen am Bundesverfassungsgericht dazu geraten, Personen zu wählen, „die den Mut, die Expertise und Willenskraft haben, so ein großes Amt auszufüllen“.
Warnung vor ideologischer einflussnahme
Baer betonte gegenüber dem „Spiegel“, dass nichts gefährlicher sei als schwache Richter, da diese zu ideologischen Richtern werden könnten. Nach ihrer erfahrung verschwinde die Parteifarbe in karlsruhe sofort. „Man mag von außen noch eine grüne oder schwarze Richterin sein,aber innen nicht mehr.“ Niemand gelte als befangen, nur weil er oder sie früher eine bestimmte Haltung zum Thema vertreten habe. Andernfalls, so Baer, gäbe es am Verfassungsgericht nur „unbeschriebene Blätter“, was keine gute Idee sei.
AfD-Kandidaten und Verfassungstreue
Baer sieht kein Problem darin, dass auch die afd Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht vorschlagen darf. „Das ist ihr gutes Recht, nur hat die AfD wie alle anderen auch keinen Anspruch auf eine Mehrheit.“ Allerdings erscheine es ihr „unrealistisch, dass ein AfD-Kandidat fest auf dem Boden der Verfassung steht“. Die Verfassungsschutzberichte zeichneten ein zu eindeutiges Bild dieser Partei.
Rolle ehemaliger Politiker am Gericht
Ehemalige Politiker würden als Richter am Bundesverfassungsgericht durchaus gebraucht,so Baer,die aktuell ein Buch über die Arbeit des Gerichts veröffentlicht hat. Die Erfahrung von Personen, die in der Bundespolitik mit Verfassungsfragen befasst waren, könne sehr wichtig sein. Eine realistische Einschätzung des politischen Systems und der Handlungsspielräume der Akteure sei notwendig, um nicht naiv zu entscheiden.Dies gelte beispielsweise bei der Frage,wie viel Zeit dem Gesetzgeber eingeräumt werde,um eine grundgesetzwidrige Norm zu überarbeiten. Allerdings müsse auch hier die Dosis klein gehalten werden.
Vielfalt und Unabhängigkeit des Gerichts
Baer sieht bei der Vielfalt auf der Richterbank noch Verbesserungsbedarf.ein Gericht sei jedoch kein Abbild der Gesellschaft, sondern eine unabhängige Institution innerhalb der Gesellschaft.
Wahlarithmetik und Ausgewogenheit
Mit Blick auf die Sitzverteilung im Bundestag, bei der die SPD trotz eines Sitzanteils von 16 Prozent weiterhin die gleiche Zahl an Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht stellen darf wie früher, warnte Baer davor, die Wahlarithmetik leichtfertig zu verändern, um einer politischen Seite mehr Gewicht zu geben. Es sei fraglich, ob die welt überhaupt noch in zwei Seiten eingeteilt werden könne. Ziel sei es, ein möglichst vielfältig ausbalanciertes Kontrollorgan zu haben, nicht ein Gericht, das mathematisch Mehrheiten abbildet.