Studie warnt vor Förder-Aus für kleine Solaranlagen
Sollte die von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) geplante Abschaffung der EEG-Einspeisevergütung für kleine Solaranlagen umgesetzt werden,könnten Gebäudestromprojekte in kleineren Mehrfamilienhäusern unrentabel werden. Das geht aus einer Studie der Ökonomen Andreas Fischer und Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hervor, die im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne des Potsdam Instituts für klimafolgenforschung (PIK) erstellt wurde. Über die Ergebnisse berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Auswirkungen auf Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten
Laut Ralph Henger würde ein ende der EEG-Einspeisevergütung ohne begleitende Maßnahmen, die Gebäude- und Mieterstrom attraktiver machen, den Ausbau von Solaranlagen erheblich bremsen. Henger sprach sich zudem dafür aus, Stromtarife und die EEG-Einspeisevergütung künftig zu dynamisieren, um Anreize für eine netzdienliche Verbrauchs- und Einspeiseanpassung zu schaffen.
Die IW-Forscher berechneten verschiedene Modelle für Gebäude- und Mieterstrom. Im Basisszenario, bei dem die Investitionskosten für eine 30-kWp-Photovoltaikanlage, Messtechnik und Batteriespeicher auf 62.500 Euro geschätzt werden, der Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde liegt und der Preisunterschied zwischen Netz- und Photovoltaikstrom 2,5 Cent beträgt, könnten derzeit Renditen von 3,6 Prozent beim Mieterstrom und 1,4 prozent beim Gebäudestrom erzielt werden. Beide Berechnungen beziehen sich auf eine Laufzeit von 20 Jahren.
Renditeeinbußen durch Wegfall der Förderung
Würde die EEG-Einspeisevergütung entfallen, sinkt die Rendite im mieterstrommodell auf 0,4 Prozent und wird beim Gebäudestrom mit minus 2,4 Prozent sogar negativ. Besonders betroffen wären kleinere Mehrfamilienhäuser, da hier vor allem kleinere Aufdachanlagen installiert werden, über deren Förderung aktuell diskutiert wird.
Für ein typisches Mieterstromprojekt wurde eine Rendite von 3,6 Prozent ermittelt. ohne Einspeisevergütung würde die erwartete Rendite auf 0,4 Prozent sinken, was Vermieter oder Eigentümer davon abhalten könnte, Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern zu installieren.
Unterschiede zwischen Mieterstrom- und Gebäudestrommodell
Beim Mieterstrommodell besteht für Vermieter oder Eigentümer eine Vollversorgungspflicht, während sie beim Gebäudestrommodell entfällt. Für Mieter bedeutet dies,dass sie in der Regel zwei stromverträge abschließen müssen.
Potenzial für die Energiewende
Die studie sieht in Mieter- und Gebäudestrommodellen ein großes Potenzial für die Energiewende in Deutschland. Es gebe rund 3,1 Millionen Mehrfamilienhäuser mit 20,1 Millionen Wohnungen, auf deren Dächern Photovoltaikanlagen installiert werden könnten.Insgesamt könnten so 60,4 Gigawatt an Leistung erzeugt werden, was 28,1 Prozent des Ausbauziels von 215 gigawatt bis 2030 entspricht.
Bisher konzentriert sich der Ausbau vor allem auf kleinere Dachanlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Die Potenziale auf Mehrfamilienhäusern werden laut den Ökonomen bislang kaum genutzt. Gründe dafür sind die höhere Komplexität von Gebäude- und Mieterstromprojekten sowie zusätzliche Kosten durch Messtechnik, Abrechnung und Kundenbetreuung. Auch die maximale Vertragslaufzeit von zwei Jahren erschwert die Planungssicherheit für Investoren.
Weitere Faktoren für die Wirtschaftlichkeit
Die Einspeisevergütung ist laut Studie ein relevanter, aber nicht der entscheidende Faktor für die Wirtschaftlichkeit. Wichtiger sei, wie viele Haushalte sich am Mieterstrommodell beteiligen.Im Basisszenario gehen die Forscher von einer Beteiligung von 75 Prozent aus,wodurch eine Rendite von 3,6 Prozent möglich wäre. Unter idealen Bedingungen könnte die Rendite bis zu 18,5 Prozent betragen.
Die Renditen beim Mieterstrom liegen in den betrachteten Varianten zwischen 1,1 und 3,6 prozentpunkten höher als beim Gebäudestrom, da der Weiterverkauf von Netzstrom profitabel gestaltet werden kann und ein Mieterstromzuschlag gewährt wird. Bei geringer Beteiligung am Mieterstrommodell kann die Rentabilität jedoch unter die wirtschaftliche Schwelle fallen. Entscheidend für die Rentabilität sind neben der Beteiligung der Haushalte auch die Anschaffungs- und Installationskosten der Photovoltaikanlage,die Möglichkeit zur Installation von batteriespeichern und der Stromverbrauch im Gebäude.
Empfehlungen der Studie und Forderungen von Verbänden
Um den Ausbau voranzubringen, empfiehlt die Studie, die Wechselprozesse bei Netz- und Messstellenbetreibern zu standardisieren, zu vereinheitlichen und zu digitalisieren. Zudem sei eine Widerspruchslösung sinnvoll: Haushalte würden automatisch an einem Mieterstromprojekt teilnehmen, sofern sie nicht aktiv widersprechen.Außerdem schlagen die Ökonomen vor,die Regelungsansätze von Gebäude- und Mieterstrom zu vereinheitlichen,um die Komplexität zu verringern.
Auch der Eigentümerverband „Haus und Grund“ spricht sich für den Abbau gesetzlicher Bestimmungen aus. Verbandspräsident Kai warnecke fordert, dass auf oder im Haus erzeugter Ökostrom künftig unbürokratisch von Mietern genutzt werden kann. Die Eigenversorgung der Mieter mit Ökostrom sei leicht möglich, wenn regulatorische Hürden abgebaut würden, sodass Vermieter diesen Teil des Stroms über die Betriebskosten mit den Mietern abrechnen können.