Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse erhält mehr Zeit
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat der von ihm eingesetzten Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse mehr Zeit für ihre Arbeit eingeräumt.Nach Angaben des „Spiegel“ soll die Kommission ihre Vorschläge nicht wie ursprünglich geplant im November, sondern erst im Frühjahr des kommenden Jahres vorlegen. Hintergrund ist, dass das Gremium erst spät eingesetzt wurde und deshalb erst Mitte September seine Arbeit aufnehmen konnte.
Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kommission
Die Kommission besteht aus 15 Mitgliedern. Alle Parteien, mit Ausnahme der afd, konnten Fachleute in das gremium entsenden. In den ersten beiden Sitzungen wurden vier Unterarbeitsgruppen gebildet.Diese sollen unter anderem klären, wie der Bundeshaushalt künftig überwacht werden kann und wie sichergestellt werden soll, dass der Bund auch in Zukunft seine Schulden bedienen kann. Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit der neuen Regeln mit dem EU-Recht.
Neue Schuldenregel frühestens ab 2027 möglich
Eine mögliche neue Schuldenregel im Grundgesetz könnte frühestens Anfang 2027 in Kraft treten. Bis dahin sollen die Unterarbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorlegen und die Kommission entsprechende Vorschläge erarbeiten.
Lockerungen der bisherigen Schuldenbremse
Die schwarz-rote Koalition hatte die bisherigen Vorgaben der Schuldenbremse bereits gelockert. So gelten Ausnahmen für Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen. Zudem wurde ein zusätzlicher Nebenhaushalt für Infrastrukturinvestitionen in Höhe von einer halben Billion Euro geschaffen.
Entwicklung der Verschuldung und Einhaltung der Schuldenbremse
Zahlen des Finanzministeriums zeigen, dass die geplante Schuldenaufnahme zunehmend von der nach Grundgesetz zulässigen Nettokreditaufnahme abweicht. Für das Jahr 2026 sieht Klingbeil im Kernhaushalt, ohne Berücksichtigung der Sondervermögen, neue Schulden in Höhe von 89,9 Milliarden Euro vor. Nach den Vorgaben der Schuldenbremse wären jedoch nur 35,6 Milliarden Euro erlaubt.
In den folgenden Jahren vergrößert sich diese Differenz weiter. Die Obergrenze der Schuldenregel sinkt von 24 Milliarden Euro im Jahr 2027 über 9,4 Milliarden Euro im Jahr 2028 auf 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2029. Gleichzeitig steigt die tatsächlich eingeplante Neuverschuldung bis 2029 auf 126,9 Milliarden Euro.
Weitere Verschuldung durch Nebenhaushalte
Zusätzlich zur Kreditaufnahme im Kernhaushalt verschuldet sich der Bund über Nebenhaushalte für Infrastruktur, die Aufrüstung der Bundeswehr sowie den Klima- und Transformationsfonds. In den Jahren 2026 und 2027 belaufen sich diese zusätzlichen Schulden jeweils auf rund 84 Milliarden Euro, in den beiden Folgejahren auf jeweils knapp 60 Milliarden Euro.
Im Jahr 2029 steht der nach Schuldenbremse zulässigen Höchstverschuldung von 4,8 Milliarden Euro eine tatsächliche Verschuldung von 186,1 Milliarden Euro gegenüber. Die von Klingbeil eingeplante Neuverschuldung übersteigt die erlaubte Summe damit fast um das Vierzigfache.