Designierter ZF-Chef kündigt Restrukturierung an
Mathias Miedreich, der im Oktober den Vorstandsvorsitz beim Autozulieferer ZF übernimmt, plant eine umfassende Restrukturierung und weitere Einschnitte in der Antriebssparte des Unternehmens. „Das Abstellen der Verluste ist die Pflicht, denn kein Unternehmen auf der Welt kooperiert mit uns, wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen“, erklärte Miedreich gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagsausgabe).
gründe für die geplanten Maßnahmen
Miedreich betonte, dass die Restrukturierung von zwei Faktoren getrieben sei: Zum einen handele es sich um die klassische Make-or-Buy-Entscheidung, zum anderen um die Volumenfrage. Der Automarkt sei im Vergleich zur Pandemiezeit geschrumpft,und insbesondere im Bereich Elektromobilität seien die Kapazitäten zu groß. „Wir müssen den Überhang abbauen, damit die Mitarbeiter, die auch in Zukunft bei uns in der Antriebssparte arbeiten, eine Zukunft haben“, so Miedreich.
Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat
Im Juli hatte der Aufsichtsrat Entscheidungen über die Zukunft der Antriebssparte auf Ende September vertagt. Bis dahin hat Miedreich Zeit, gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat eine Lösung für den Geschäftsbereich zu finden, in dem auch die Produktion konventioneller Getriebe integriert ist.„Kern dieser Gespräche ist, dass wir uns ehrlich fragen müssen, worin wir gut sind und welche Komponenten wir weiterhin herstellen und welche wir zukaufen. Wir wollen unsere systeme wettbewerbsfähig machen – bei unseren Getrieben, den elektrischen Achsen, den Range Extendern“, erklärte Miedreich. Es gebe jedoch auch Komponenten, die ZF nicht wettbewerbsfähig produzieren könne.
Mögliche Ausgliederung der Antriebssparte
Eine komplette Ausgliederung der Sparte und das Einbringen in ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem Partner sieht Miedreich als eine mögliche Lösung. „wenn wir uns am Ende tief in die Augen schauen und uns zutrauen, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen, können wir uns auch auf kleinere Partnerschaften fokussieren“, so Miedreich.Sollte dies nicht gelingen, müssten auch Ausgliederungen und Joint-Venture-Lösungen in Betracht gezogen werden.
Debatte um zukünftige Antriebstechnologien
Mit blick auf die Diskussion zur Regulierung der Autoindustrie sprach sich Miedreich für eine Öffnung der aktuellen Vorgaben aus. „Der Ansatz, dass die Elektromobilität die einzige Lösung ist, gehört der Vergangenheit an“, sagte er. Während Hybrid-Systeme zuletzt als Übergangstechnologie galten, seien sie nun die Hauptentwicklungsachse. Die Frage nach dem richtigen Antrieb sei noch nicht abschließend beantwortet.
Wechsel an der Konzernspitze
Der Aufsichtsrat von ZF hatte in einer Sondersitzung beschlossen, Holger Klein als Vorstandschef zu entlassen und Mathias Miedreich als Nachfolger einzusetzen. Miedreich übernimmt Anfang oktober die Führung des Konzerns mit Sitz in friedrichshafen am Bodensee. Das Kontrollgremium begründete die Entscheidung unter anderem mit der „Entscheidungsstärke und Kommunikationsfähigkeit“ Miedreichs.
Selbstverständnis des neuen Vorstandsvorsitzenden
In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ beschrieb sich Miedreich kurz vor seiner Ernennung zum vorstandsvorsitzenden so: „Man kann sich selbst als Mensch schwer verstellen, und man sollte auch Leute, mit denen man arbeitet, nicht für dumm verkaufen. Wenn man am Ende des Tages die Wahrheiten nicht klar anspricht, dann verliert man die Leute.“