Zahl antisemitischer Vorfälle steigt deutlich an
Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland ist im Jahr 2024 erneut stark gestiegen. Laut dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Jahresbericht des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) wurden insgesamt 8.627 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Dies entspricht einem Anstieg von 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rechnerisch wurden damit täglich 24 antisemitische Vorfälle erfasst.
Krieg in Nahost beeinflusst antisemitische Vorfälle
Die Entwicklungen nach dem 7. Oktober 2023 und der Krieg in Gaza prägten maßgeblich die Situation. 68 Prozent aller im Jahr 2024 dokumentierten antisemitischen vorfälle standen im Zusammenhang mit Israel und dem andauernden Konflikt im Nahen Osten. Besonders auffällig war die Zunahme antisemitischer Äußerungen und Aktionen im Rahmen politischer Auseinandersetzungen. Dazu zählen Demonstrationen, Schmierereien und Aufkleber. Bundesweit wurden 1.802 Versammlungen registriert, bei denen Antisemitismus verbreitet wurde.Häufig wurden dabei die Schoa relativiert, antisemitische Gewalt verherrlicht oder Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah gefeiert. Auch Gegendemonstranten wurden angegriffen, bedroht und beleidigt.
Antisemitismus an Bildungseinrichtungen nimmt stark zu
Besonders deutlich stieg die Zahl antisemitischer Vorfälle an Bildungseinrichtungen. An Hochschulen erhöhte sich die Zahl der Vorfälle von 151 auf 450, was einer Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Neben Protestcamps, in denen antisemitische Stereotype verbreitet wurden, kam es zu Beleidigungen, Bedrohungen und angriffen gegen Studierende und Mitarbeitende. An Schulen wurden 284 Fälle dokumentiert,in denen jüdische Schülerinnen und Schüler ausgegrenzt,beschimpft oder für den Krieg in Nahost verantwortlich gemacht wurden. In mindestens 19 Fällen kam es dabei zu körperlichen Angriffen.
Bundesbildungsministerin fordert gesellschaftliche Verantwortung
Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) bezeichnete die Zahlen im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ als alarmierend. Sie betonte, dass Antisemitismus kein Randphänomen sei, sondern eine reale Bedrohung für das jüdische Leben in Deutschland darstelle. Prien plädierte dafür, jüdisches Leben als integralen Bestandteil der deutschen Kultur wahrzunehmen.
Die ministerin, die selbst jüdische Wurzeln hat, erklärte, der Kampf gegen Antisemitismus sei keine frage persönlicher Betroffenheit, sondern staatlicher und gesellschaftlicher Verantwortung.Das Bundesinnenministerium finanziere maßgeblich die Recherche- und Informationsarbeit von Rias. „Nur was sichtbar ist, kann auch bekämpft werden“, betonte Prien.