Kritik des Richterbundes am Gesetz gegen Einschüchterungsklagen
Der Deutsche Richterbund (DRB) hat deutliche Kritik am geplanten Gesetz gegen sogenannte einschüchterungsklagen geäußert. Nach Ansicht des DRB könnten durch das zu weit gefasste Gesetz neue Hürden für Personen entstehen, die sich gerichtlich gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Berichte eines Mediums wehren wollen. Dies könne den effektiven Rechtsschutz erschweren oder sogar vereiteln, erklärte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Zielsetzung und kritik am Gesetzentwurf
rebehn betonte, es sei zwar fatal, wenn kritische Stimmen im öffentlichen demokratischen Diskurs durch missbräuchliche Klagen und juristische Einschüchterungen abgeschreckt würden. Dem einen Riegel vorzuschieben, sei ein richtiges Ziel der Bundesregierung. Der vorgelegte Gesetzentwurf schieße jedoch über das Ziel hinaus. Rebehn forderte, dass die Bundesregierung den Gesetzentwurf auf die Mindestanforderungen der zugrundeliegenden EU-Richtlinie zurückführen und gezielter auf die intendierten Fälle rechtsmissbräuchlicher Klagen zuschneiden solle.
Gesetzesinitiative und EU-Richtlinie
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) plant mit dem neuen Gesetz, sogenannte Einschüchterungsklagen gegen missliebige Beiträge in den Medien und der Öffentlichkeit zu sanktionieren. Sie betonte, man dürfe nicht zulassen, dass Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden, nur weil sie einzelnen nicht passen. Mit dem Gesetz soll die sogenannte Anti-SLAPP-richtlinie („Strategic Lawsuits Against Public Participation“) der Europäischen Union umgesetzt werden.
Hintergrund der EU-Richtlinie
Anlass für die EU-Richtlinie war der Umgang mit der maltesischen Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia, die 2017 ermordet wurde. Die auf Korruption spezialisierte Journalistin war zuvor mit Verleumdungsklagen überzogen worden. In einer sieben Seiten langen Stellungnahme warnt der Richterbund nun vor verheerenden Auswirkungen für Rechtssuchende, die gerichtlichen Schutz gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen suchen. Nach Einschätzung der DRB-Fachleute könnte mit der im Gesetz vorgesehenen Definition beinahe jedes presse- und äußerungsrechtliche Verfahren als missbräuchliches gerichtsverfahren eingestuft werden.
Geplante Regelungen und Bedenken des Richterbundes
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht unter anderem ein Beschleunigungsgebot für mutmaßlich missbräuchliche Klagen vor,um diese frühestmöglich abweisen zu können. Zudem soll die Klägerseite in solchen Fällen eine Sicherheit für die voraussichtlichen Kosten des Prozesses auch für die Beklagtenseite leisten und kann mit besonderen Gebühren belegt werden.
In seiner Stellungnahme warnt der Richterbund vor einer Überlastung der Gerichte, falls Rechtspfleger im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens prüfen müssten, ob individuell vereinbarte rechtsanwaltsgebühren, wie etwa Stundenhonorare, noch angemessen und damit erstattungsfähig wären. Zudem hebt der Richterbund hervor, dass sogenannte SLAPP-Verfahren vor deutschen Gerichten bisher so gut wie unbekannt sind.