Warnung vor Politisierung der richterwahl
Der staatsrechtler Horst dreier, Doktorvater von Frauke Brosius-Gersdorf und ehemaliger Kandidat für das Amt eines Verfassungsrichters, warnt vor einer zunehmenden Politisierung der Richterwahl in Deutschland nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten. „Die ehemaligen Volksparteien haben keine zwei-Drittel-Mehrheit, die informellen Absprachen zur Richterwahl funktionieren nicht mehr“, sagte Dreier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dadurch würden „an den Rändern“ Kräfte freigesetzt,die Kandidaten verhindern könnten.
Auswirkungen auf die Kandidatenauswahl
Dreier betonte, dass die Auseinandersetzungen um die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf beispielhaft für die aktuelle Entwicklung seien. „Die Bandagen werden härter“, so Dreier. „Wir bewegen uns mit der Politisierung der Richterwahl ganz langsam in Richtung USA.“ Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen,könnten sich künftig weniger Kandidaten zur wahl stellen. „Oder nur noch diejenigen, die sich nie zu kontroversen Themen positioniert haben“, erklärte Dreier. In diesem Fall wären am Bundesverfassungsgericht „nur noch graue Mäuse“ vertreten. „Das kann keiner wollen. Wir brauchen profilierte, gute leute“, so der Rechtswissenschaftler.
Persönliche Erfahrungen Dreiers
Horst Dreier war 2008 selbst für das Amt eines Bundesverfassungsrichters nominiert. Aufgrund seiner Positionen zu bioethischen Fragen wurde er jedoch scharf kritisiert, woraufhin die SPD seine Nominierung zurückzog. Die aktuelle Diskussion um seine ehemalige Doktorandin brosius-Gersdorf bezeichnete Dreier als „Déjà-Vu-Erlebnis“.