Bundestag verschiebt Wahlen zu Verfassungsrichtern
Der Bundestag hat beschlossen, alle drei Wahlen zu Richtern des Bundesverfassungsgerichts von der Tagesordnung abzusetzen. Ein entsprechender Antrag erhielt am Freitag die Mehrheit der Abgeordneten.
Debatte um Kandidatin Brosius-Gersdorf
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, zog Parallelen zu den „zugespitzten Debatten“ um Verfassungsrichter in den USA und Polen. Wiese betonte, dass gegen die kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf seit einigen Tagen eine „Hetzkampagne“ geführt werde.
Reaktionen aus den fraktionen
AfD-Geschäftsführer Bernd Baumann kritisierte die Entscheidung als Zeichen einer „absoluten Instabilität dieser Regierung“. Die AfD-Fraktion sprach sich gegen die Verschiebung der Wahlen aus. Baumann forderte, die Union solle klar Position beziehen.
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, machte vor allem das „Unvermögen“ von Unions-Fraktionschef Jens Spahn für die entstandene Situation verantwortlich. Ein „solches Desaster“ habe es bei Verfassungsrichterwahlen bisher nicht gegeben.
Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek betonte die Verantwortung der Abgeordneten für das Bundesverfassungsgericht. Sie forderte, dass die Richter mit einer klaren parlamentarischen Mehrheit gewählt werden sollten. Reichinnek warf Jens Spahn „parteipolitische Machtspielchen“ und eine Anbiederung an die AfD vor, da die Union keine anderen Mehrheiten für die vorgeschlagenen Kandidaten gesucht habe.
hintergrund der Verschiebung
Die Union hatte am Freitagmorgen der SPD mitgeteilt, dass sie die Wahl von Brosius-Gersdorf verschieben wolle, aber dennoch über ihren eigenen Kandidaten Günter Spinner sowie die von der SPD vorgeschlagene Ann-Katrin Kaufhold abstimmen wolle. Die SPD lehnte diese Aufspaltung der Wahlen ab. Steffen Bilger (CDU) äußerte Bedauern über diese Entscheidung.Als Begründung für die verschiebung führte die Union nicht die zuvor kritisierten inhaltlichen Positionen von Brosius-Gersdorf, wie ihre liberale Haltung zum Abtreibungsrecht, an, sondern verwies auf neu aufgetauchte vermeintliche Plagiatsvorwürfe.
Unterstützung und Kritik an Brosius-Gersdorf
Die SPD hatte Frauke Brosius-Gersdorf für das Amt vorgeschlagen. Trotz der Kritik aus den reihen der Union hatte Friedrich Merz noch am Mittwoch im Bundestag erklärt, dass er ihre Wahl mit seinem Gewissen vereinbaren könne. Auch andere Spitzenpolitiker der Union hatten sich zuletzt für ihre Wahl ausgesprochen.