Geteilte Meinungen unter Ökonomen zu SPD-Vorschlag für Steuererhöhungen
Führende Ökonomen bewerten den Vorschlag der SPD zu Steuererhöhungen unterschiedlich. Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, warnt vor negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. Marcel Fratzscher,Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW),hält hingegen höhere Belastungen für notwendig.
Fratzscher: Steuererhöhungen als unausweichlich
Marcel Fratzscher erklärte dem „Handelsblatt“, Deutschland könne seine Herausforderungen ohne Steuererhöhungen nicht bewältigen. Für die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung – rund 150 Milliarden Euro jährlich – seien höhere Steuern und Einbußen beim wirtschaftlichen Wohlstand unvermeidbar. Fratzscher sprach sich für eine stärkere belastung großer Vermögen wie Grund, Boden und Immobilien aus und regte eine reform der Erbschaftsteuer an.
Fuest warnt vor negativen Folgen für Investitionen
Clemens Fuest betonte, eine Erhöhung der Einkommensteuern für höhere Einkommen, die Einführung einer Nettovermögensteuer oder eine Verschärfung der Erbschaftsteuer würden die privaten Investitionen in Deutschland weiter senken und die Wachstumsschwäche verstärken.Angesichts der schwachen Konjunktur und einer Staatsquote, die bald 50 Prozent überschreiten dürfte, plädiert Fuest dafür, ausgaben zu senken, statt Steuern und Abgaben zu erhöhen.
Haushaltsdebatte und Positionen der SPD
Im Mittelpunkt der Debatte steht SPD-Chef und Finanzminister lars Klingbeil. Bereits im September soll mit der Aufstellung des Bundeshaushalts für 2027 begonnen werden.Der etat weist eine Lücke von mehr als 30 milliarden Euro auf. Wie die schwarz-rote Koalition diese schließen will, ist noch offen.
SPD fordert stärkere Belastung hoher Einkommen
SPD-Politiker fordern angesichts der drohenden Haushaltslücke für 2027, Steuererhöhungen in Betracht zu ziehen. Sebastian Roloff, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, betonte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen sowie Unternehmen ebenso dringend sei wie der massive Investitionsbedarf in Deutschland. Dies könne nicht allein durch Sondervermögen gedeckt werden. Daher sei es aus Sicht der SPD „nur fair“, Spitzeneinkommen ab 20.000 Euro monatlich stärker zu belasten.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner erklärte, es sei eine Frage der Gerechtigkeit und Solidarität, kleinere und mittlere Einkommen zu entlasten und die mit den größten Einkommen, Vermögen und Erbschaften stärker zu beteiligen.
Reaktionen auf Äußerungen der CDU
Die SPD reagierte gelassen auf die Ankündigung von CDU-Chef Friedrich Merz, in der Sozialpolitik eine härtere Gangart einzuschlagen.Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte dem „Handelsblatt“, die Aussagen von Merz seien vermutlich an die eigenen Delegierten gerichtet gewesen. Wiese betonte,dass die Koalition angesichts der großen außen- und innenpolitischen Aufgaben weiterhin eng zusammenarbeite und im Herbst die Schlagzahl im Arbeitsmodus erhöhen wolle.