Kurskorrektur bei der nordrhein-westfälischen SPD
Positionspapier als wendepunkt
Die nordrhein-westfälische SPD hat nach Jahren des Niedergangs eine Kurskorrektur angekündigt. Der Landesparteirat, in dem Delegierte aus allen 54 Untergliederungen vertreten sind, beschloss am Samstag einstimmig ein Positionspapier mit dem Titel „Wir haben verstanden: Zeit für Ehrlichkeit und Veränderung“. Dies berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ).
Reaktionen der Parteispitze
landeschefin Sarah Philipp erklärte, die Bundestags- und Kommunalwahlen seien für die Partei ein klarer Denkzettel gewesen. Die SPD habe verstanden, dass Veränderungen notwendig seien. Co-Landesvorsitzender Achim Post sprach von einem „Signal des Aufbruchs“ und betonte, Glaubwürdigkeit entstehe nur, wenn Politik konkret wirke – etwa im Klassenzimmer, auf der Baustelle, in der Verwaltung und im Stadtteil.
Selbstkritik und Analyze der Wahlergebnisse
Im vierseitigen Positionspapier übt die Partei deutliche Selbstkritik. Bei der jüngsten Kommunalwahl habe die SPD zwar wichtige Ämter halten oder zurückgewinnen können, dennoch halte der Abwärtstrend seit Jahren an. Die Partei verliere nicht nur wegen lauter werdender Konkurrenz, sondern auch, weil viele Menschen ihr nicht mehr glaubten.
Lernen von erfolgreichen Kommunalpolitikern
Die Landespartei will künftig von erfolgreichen Oberbürgermeistern lernen, die in Städten wie Herne oder Hamm gegen den Negativtrend Erfolge erzielen konnten. Teile des Stils und der Programmatik sollen angepasst werden, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Besonders wolle man von den erfolgreichen kandidatinnen und Kandidaten der letzten Kommunalwahl profitieren.
Schwerpunkte Arbeit, Aufstieg und innere Sicherheit
Arbeit und Aufstieg sollen wieder ins Zentrum der Strategie rücken. Die SPD betont, für jeden arbeitsplatz und gleiche Chancen für jedes Kind einzutreten. Auch das Profil im Bereich innere Sicherheit und Ordnung soll geschärft werden. Die Partei will sich verstärkt um Lösungen für Sicherheit, Sauberkeit und Integration kümmern.
Konkrete Maßnahmen für die landtagswahl 2027
Aus dem Positionspapier sollen 27 konkrete Maßnahmen für die Landtagswahl 2027 entwickelt werden. Damit will die SPD in Nordrhein-Westfalen wieder mehr Wählerinnen und Wähler erreichen. Bei der Kommunalwahl am 14. September kam die SPD landesweit auf 22 Prozent und lag damit hinter der CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst. In ehemaligen Hochburgen wie Gelsenkirchen lag die SPD nur knapp vor der AfD.
Verlust von Dortmund und Forderungen aus der Basis
Als besondere Zäsur gilt der Verlust der Stadt Dortmund an den künftigen CDU-Oberbürgermeister Alexander Omar Kalouti. Aus den Reihen der SPD-Kommunalpolitiker wurde zuletzt gefordert, sich auf Bundes- und Landesebene stärker mit den Realitäten vor Ort zu beschäftigen. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link kritisierte,die SPD habe ihre Kernklientel der Arbeiter aus dem Blick verloren und sich zu sehr auf Gerechtigkeitsthemen für Leistungsempfänger und minderheiten konzentriert.Zwischen Wählern und Partei habe eine thematische Entfremdung stattgefunden. Die Grundidee der SPD, sozialen Ausgleich zu schaffen und Aufstiegschancen zu eröffnen, sei jedoch weiterhin aktuell.
Auswirkungen auf die Bundespolitik
Die beschlossene Kurskorrektur könnte auch die in Duisburg geborene SPD-Bundesvorsitzende und Arbeitsministerin Bärbel Bas bei anstehenden Sozialreformen in Berlin stärken. Bas hatte mit der Union eine Rückführung des „Bürgergeldes“ auf eine Grundsicherung und härtere Sanktionen für Arbeitsverweigerer vereinbart. Kritik aus den Reihen der Jusos und SPD-Linken findet in der NRW-SPD derzeit weniger Resonanz als früher. Nach jahrelanger Auseinandersetzung mit dem „Hartz-IV-Trauma“ setzt die Partei nun wieder stärker auf die Interessen von Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen.
Ausblick
Das Positionspapier formuliert abschließend das Ziel, dass die Menschen 2027 sagen: Die SPD ist wieder für mich da, nicht nur in Worten, sondern im Alltag.