Europäische Generalstaatsanwältin verteidigt Ermittlungen gegen Federica Mogherini
Die Europäische Generalstaatsanwältin Laura Kövesi hat die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) gegen die frühere EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verteidigt. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (mittwochausgaben) betonte sie die Gleichheit vor dem Gesetz für alle Personen, auch für hochrangige EU-Vertreter.
aussagen zur Rolle der Europäischen Staatsanwaltschaft
Kövesi äußerte sich besorgt über die öffentliche Debatte zu dem Fall. „Ich bekomme mit, dass viel über diesen Fall geredet wird, und das besorgt mich ein wenig“, sagte sie.„Die tatsache, dass man in Brüssel arbeitet und sogar eine wichtige Funktion ausfüllt, macht einen nicht tugendhafter und schon gar nicht unantastbar.“
Die Europäische Staatsanwaltschaft sei eingerichtet worden, um sicherzustellen, dass das Gesetz für alle gleich sei.„Und ich hoffe, dass jeder diese Botschaft verstanden hat“, fügte Kövesi hinzu.
Seit ihrem ersten tag an der Spitze der EUStA begegne sie Menschen, die sich um das Vertrauen der EU-Bürger in die EU-Institutionen sorgten. „Ich stimme zu, dass dies ein wichtiges Anliegen ist, aber man kann sie nicht täuschen. Man kann nicht so tun, als würde nichts passieren, wenn etwas passiert“, sagte sie.
Vertrauen in die EU-Institutionen
Kövesi beschrieb Transparenz und Konsequenz als zentrale Elemente für das Vertrauen der Bürger.„Der beste Weg, das Vertrauen zu bewahren, besteht nicht darin, den Schmutz unter den Teppich zu kehren. Es wird bewahrt, indem man das Haus putzt und Ordnung schafft.“ Das sei es, was die Demokratie gerade in diesen Zeiten stark mache, erklärte sie. „Wir dürfen nicht als schwach angesehen werden.“
Mandat und Arbeitsweise der Europäischen Staatsanwaltschaft
Kövesi war 2019 zur ersten Europäischen Generalstaatsanwältin ernannt worden. Sie hatte sich zuvor in Rumänien den ruf als unnachgiebige Kämpferin gegen Korruption erworben. Die von ihr geleitete Ermittlungsbehörde verfügt heute über staatsanwälte in 24 EU-Mitgliedstaaten. Diese dürfen nur in bestimmten Fällen ermitteln, etwa bei Korruption und Betrug mit EU-Geldern, bei Zollbetrug oder bei Mehrwertsteuerbetrug ab einer Schadenssumme von zehn Millionen Euro.
Forderung nach Erweiterung der zuständigkeiten
Kövesi sprach sich für eine Ausweitung des Mandats der EUStA aus. „Eine Zuständigkeit, die wir gerne hätten, ist die Umgehung von Sanktionen“, sagte sie. solche Fälle spielten sich nicht nur auf dem Gebiet eines einzelnen Landes ab. „Und es bringt nichts, wenn die Liste der Sanktionen länger wird, sie aber nicht durchgesetzt werden. Wir sind keine Wunderwaffe,aber als grenzüberschreitende Strafverfolgungsbehörde können wir da sicher helfen.“
Warnung vor Finanzkriminalität in Europa
Die Europäische Generalstaatsanwältin warnte vor einer Finanzkriminalität von „industriellem Ausmaß“ in Europa.Dies sei jahrelang unterschätzt worden. „Alle dachten, dass die Finanzkriminalität eine Nische sei. Aber das ist nicht wahr. Sie ist der Kern der Kriminalität“, sagte Kövesi.
Sie verwies auf Schätzungen von Europol, wonach die Europäische Union jedes Jahr mehr als 50 Milliarden Euro allein durch Mehrwertsteuerbetrug verliere. „Aber es geht nicht nur um Geld. Es geht um innere Sicherheit“, betonte sie.
Hinter Mehrwertsteuer- und Zollbetrug stehe organisierte Kriminalität. „Wir beobachten eine invasion krimineller organisierter Gruppen aus Drittländern, insbesondere aus china“, sagte Kövesi. Auch die klassische mafia verlagere ihr Geschäft in diese Bereiche.
Ermittlungen gegen Federica Mogherini
Mogherini war von 2014 bis 2019 EU-Außenbeauftragte und Vizepräsidentin der EU-Kommission. Zuvor war sie Außenministerin Italiens. Anfang Dezember wurde sie in Belgien vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen.
Die Europäische Staatsanwaltschaft verdächtigt die Italienerin der korruption und des Betrugs im Zusammenhang mit Trainingsprogrammen für Nachwuchsdiplomaten. Mogherini weist die Vorwürfe zurück.











