Deutsche Bahn zieht Konsequenzen nach Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen
Knapp dreieinhalb Jahre nach dem schweren Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen im Juni 2022 hat die Deutsche Bahn (DB) umfangreiche Konsequenzen gezogen. Neben dem Austausch von rund zwei Millionen Betonschwellen betreffen diese Maßnahmen insbesondere die Unternehmenskultur bei der Schienennetzgesellschaft DB Infrago, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Veränderte Unternehmenskultur bei DB Infrago
DB-Infrago-Chef Philipp Nagl erklärte gegenüber der „Süddeutschen zeitung“,dass es bislang eine Unternehmenskultur gegeben habe,in der möglichst wenige Langsamfahrstellen belohnt wurden. Diese Langsamfahrstellen führen zwar zu Verspätungen, dienen jedoch der Sicherheit. Künftig soll die Sicherheit Vorrang haben. „Die Sicherheitskultur muss Chefsache sein“, betonte Nagl.
Ergebnisse der internen Untersuchung
Am 1. September übermittelte die Kanzlei Gleiss Lutz der Deutschen Bahn einen 340 Seiten starken Bericht. Im Rahmen einer internen Untersuchung wurden mögliche Gesetzesverstöße und Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Zugunglück untersucht. Laut „Süddeutscher Zeitung“ beschreibt der Bericht unter anderem,wie das damalige Bezahlungssystem Missstände begünstigte. Es wird von „erheblicher Einschüchterung“ gesprochen. Führungskräfte wurden demnach an der Pünktlichkeit der Züge gemessen und forderten von den Anlagenverantwortlichen, Pünktlichkeitsziele statt Sicherheitsziele zu erreichen.
Neuausrichtung der Ziele und personelle Konsequenzen
Philipp Nagl hat diese Logik inzwischen umgekehrt. „Die Anlagenverantwortlichen haben seit mindestens Anfang 2025 keine Pünktlichkeitsziele mehr, sondern vor allem Sicherheitsziele“, sagte der Infrago-Chef. „Wir setzen auf Sicherheit statt Pünktlichkeit.“
Im Bericht der Kanzlei Gleiss Lutz wird zwölf Beschäftigten, darunter auch Mitgliedern des damaligen Vorstands der Schienengesellschaft DB Netz, Versagen vorgeworfen. Von einigen leitenden und oberen Führungskräften,die zum Zeitpunkt der Untersuchung noch bei der Bahn tätig waren,hat sich das Unternehmen inzwischen getrennt. Die festgestellten Verstöße in sicherheitsrelevanten Fragen wurden als zu gravierend eingestuft.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit
Nagl betonte,dass solche Führungskräfte bei der Deutschen Bahn keinen Platz mehr hätten. Namen wurden nicht genannt. Zusätzlich wurde ein Schulungs- und Sensibilisierungsprogramm für Anlagenverantwortliche eingeführt. Führungskräfte wurden ausdrücklich darauf hingewiesen, keinen Druck auf die Anlagenverantwortlichen auszuüben. Auch die Regelungen zur Bewertung von Fehlern an Spannbetonschwellen wurden überarbeitet. „Es ist eine intensive und auch unangenehme Aufarbeitung“, sagte Nagl, „aber sie ist nötig, um alte Fehler nicht zu wiederholen.“
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