Hohe Verluste für Sozialversicherungen durch Tarifflucht
Laut einer aktuellen Berechnung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) entsteht den Sozialversicherungen in Deutschland jährlich ein Schaden von 41 Milliarden Euro durch Tarifflucht und Lohndumping. Zusätzlich belaufen sich die Einnahmeausfälle bei der Einkommensteuer für Bund und Länder auf insgesamt 24 Milliarden Euro pro Jahr. Die auswertung des DGB basiert auf Daten der Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamtes, die sowohl die Anzahl der Beschäftigten mit und ohne Tarifvertrag als auch deren Einkommen erfasst.
Vergleich der einkommen von Tarif- und Nicht-Tarifbeschäftigten
Im direkten Vergleich zeigt sich, dass Tarifbeschäftigte branchenübergreifend im Durchschnitt 2.891 Euro netto pro Jahr mehr verdienen als Beschäftigte ohne Tarifvertrag. Nach Angaben des DGB hat dies erhebliche Auswirkungen auf die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung. Mit einer flächendeckenden Tarifbindung hätten die Beschäftigten insgesamt rund 58 Milliarden Euro mehr pro Jahr zur Verfügung.
Volkswirtschaftlicher Gesamtschaden durch Tarifflucht
Addiert man die Mindereinnahmen der Sozialversicherungen, die Steuerausfälle und das fehlende Geld im Portemonnaie der Beschäftigten, ergibt sich laut DGB ein volkswirtschaftlicher Gesamtschaden von 123 Milliarden Euro pro Jahr. Im Vergleich zur letzten Auswertung im jahr 2023 ist dieser Wert leicht rückläufig. Damals hatte der DGB einen Schaden von 130 Milliarden Euro berechnet. Als Grund für den Rückgang nennt der Gewerkschaftsbund eine leichte Erhöhung der Tarifbindung in einigen Bundesländern, die jedoch nur in geringem Umfang erfolgt sei.
Forderungen des DGB an die Bundesregierung
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell betonte, dass Tarifverträge nicht nur ein Instrument für faire Löhne seien, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Investition in Stabilität und soziale Sicherheit darstellten. Eine hohe Tarifbindung sei kein Hemmschuh, sondern ein Motor für wirtschaftliches Wachstum, stärke die Binnennachfrage und sichere gute, nachhaltige Arbeit.
Körzell forderte die Bundesregierung auf, bei den anstehenden Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur ausschließlich Unternehmen mit Tarifbindung zu beauftragen. Das vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Tariftreuegesetz müsse zügig vom Bundestag beschlossen werden, so Körzell. Gleichzeitig mahnte er Nachbesserungen an und kritisierte den Schwellenwert von 50.000 Euro, ab dem das Gesetz greifen soll, als zu hoch.
Zudem äußerte Körzell Unverständnis darüber, dass die Tariftreuepflicht nicht für Aufträge von Sicherheitsbehörden gelten soll. Öffentliche Gelder dürften nicht länger Lohndumping subventionieren. Der Staat trage als großer Auftraggeber Verantwortung für einen fairen Wettbewerb, der nicht auf kosten der Beschäftigten ausgetragen werde.