Warnung vor Branchendeals im Zollstreit zwischen USA und EU
Teile der deutschen Wirtschaft warnen im anhaltenden Zollstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union vor separaten Abkommen für einzelne Branchen wie die Arzneimittel- oder die Automobilindustrie. Die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK),Helena Melnikov,erklärte gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“,ein Abkommen mit Einzelbestimmungen für bestimmte Industrien könne kurzfristig attraktiv erscheinen,berge jedoch das Risiko,die strategische Geschlossenheit der EU zu untergraben.
Bedenken gegenüber begrenzten Rahmenabkommen
Melnikov bezog sich auf vermutungen, dass die Europäische Kommission mit den USA ein begrenztes Rahmenabkommen abschließen könnte, um Teile der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle von 30 Prozent auf EU-Waren abzuwenden. Sie betonte, dass Sonderwege eine Spaltung innerhalb Europas riskieren und die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen gefährden könnten, die keine eigenen Lobbykanäle in Washington besitzen. Ein überhasteter Minimal-Deal, der einseitige Maßnahmen akzeptiere und kurzfristigem politischen Druck nachgebe, dürfe nicht erfolgen.
Forderung nach strategischer Geschlossenheit
Die EU müsse laut Melnikov strategisch und geschlossen agieren.Andernfalls wäre der Preis für die europäische Wirtschaft,insbesondere für den Wirtschaftsstandort Deutschland,zu hoch. In Deutschland hängen 1,2 Millionen Arbeitsplätze am Export in die USA, zudem beschäftigen 6.000 deutsche Unternehmen in den USA rund eine Million Menschen. Der Zoll-Konflikt betreffe die gesamte deutsche Wirtschaft, von Aluminiumverarbeitern und Autozulieferern über Chemie, industrielle Spezialanfertigungen sowie Pharma- und Medizintechnik bis hin zu Winzern. darunter seien auch viele kleine und mittlere Unternehmen.
Notwendigkeit fairer und transparenter Abkommen
Melnikov forderte belastbare Vereinbarungen, die fairen Wettbewerb sichern und Handelskonflikte dauerhaft entschärfen. Ein tragfähiges Abkommen mit den USA müsse für alle Branchen gelten, clear, belastbar und konform mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) sein. Die Europäische Kommission und die Bundesregierung stünden in der Verantwortung, dies sicherzustellen.
Bedeutung der USA für den deutschen Export
Deutschland ist der größte Exporteur Europas und weltweit der drittgrößte nach China und den Vereinigten Staaten. Nach Angaben des DIHK sind die USA mit einem Warenwert von 161 Milliarden Euro im Jahr der wichtigste deutsche Auslandsmarkt. Dies entspricht zehn Prozent der deutschen Ausfuhren und 30 Prozent aller EU-Exporte in die USA. die Vereinigten Staaten nehmen fast ein Viertel der deutschen Pharmaexporte auf, bei Autos und Maschinen beträgt der Anteil 17 prozent, bei Stahl acht Prozent. Der Handelsüberschuss lag 2024 bei rund 76 Milliarden Euro, was 39 Prozent des gesamten EU-Überschusses mit den USA entspricht.
Auswirkungen der Zollankündigungen auf deutsche Exporte
Laut DIHK hat bereits die Zollankündigung von US-Präsident Trump im April die deutsche Ausfuhr im Vergleich zum Vormonat um 10,5 Prozent verringert. Im Mai sei der Export um weitere 7,7 prozent gesunken. Sollte die Unsicherheit anhalten,könnten die deutschen Exporte in die USA laut DIHK um eine Milliarde Euro pro Monat zurückgehen.