Für Pendler, Schüler und Spaziergänger bedeutet das Umwege und Einschränkungen – und für den Stadtrat eine schwierige Debatte über Kosten, Zuständigkeiten und Perspektiven.
Gefahr durch marode Bausubstanz
Bereits im August 2023 hatte ein Gutachten die gravierenden Schäden detailliert beschrieben. Das Gutachten wurde dem Stadtrat in einer nichtöffentlichen Sitzung vorgestellt. Im Gutachten hieß es, die Standsicherheit sei beeinträchtigt, die Verkehrssicherheit nicht mehr voll gegeben und eine „Schadensbeseitigung kurzfristig erforderlich“. Wörtlich: „Bei der Brücke und den Treppen ist derzeit eine rasante Schadenserweiterung festzustellen. Die Restnutzungsdauer beträgt schätzungsweise weniger als fünf bis sechs Jahre.“
Empfohlen wurde schon damals, umgehend die Planung für einen Ersatzneubau oder Rückbau einzuleiten. Auch die langen Vorlaufzeiten für Arbeiten im Bereich der Deutschen Bahn seien zu berücksichtigen.
Damit war klar: Die Brücke war dem Stadtrat und der Stadtverwaltung seit mindestens zwei Jahren als massiver Gefahrenpunkt bekannt. Dennoch wurde das Thema weder von der Verwaltung noch vom Stadtrat mit Nachdruck weiter verfolgt. Wie mehrere Fraktionen gegenüber Regio-Journal bestätigten, wurde das Gutachten jedoch dem Stadtrat nie ausgehändigt. Erst durch Initiative der Bürger für Friedrichsthal wurde das Dokument am Tag der Stadtratssitzung an die Fraktionen versendet – zwei Jahre nach seiner Erstellung.
Nach der Sperrung der Brücke wurde durch den Stadtrat Alarm geschlagen: CDU, SFF und BFF warfen der Verwaltung Untätigkeit und schlechte Kommunikation vor. In der Stadtratsitzung wurde deutlich, dass trotz der bekannten Mängel bis heute offenbar nicht um Sanierungsmittel oder Fördergelder geworben wurde – ein Versäumnis, das zu Lasten der Stadt geht.
Erst die aktuelle Sperrung und die damit verbundenen Einschränkungen für die Bürger rückten das Problem wieder in den Fokus des Rates und der Verwaltung.
Positiv: Der Bauhof arbeitet nun an einer Übergangssanierung: Schrauben und Belag werden ausgetauscht, Rostschutz aufgetragen, lose Teile entfernt. Mit überschaubaren Fremdkosten soll die Brücke so weit ertüchtigt werden, dass sie noch in diesem Jahr wieder begehbar ist – bis zur nächsten Prüfung. Die Frage, weshalb diese Arbeiten nicht vor der Sperrung eingeleitet wurden, konnte die Verwaltung nicht beantworten.
Ein kompletter Neubau würde schätzungsweise im Millionenbetrag liegen, Summen, die die Stadt allein nicht stemmen kann. Mit einer provisorischen Reparatur könnte nun aber Zeit gewonnen werden, um sich intensiv um Fördergelder von Land, Bahn und Bund zu bemühen.
Breite Zustimmung im Rat – aber unterschiedliche Akzente
Die Fraktionen machten deutlich, dass Brücke und Haltepunkt erhalten bleiben sollen. CDU-Fraktionschef Daniel Jung sprach von einem Erfolg des Drucks aus Politik und Bürgerschaft und begrüßte die schnelle Übergangslösung. Zugleich kritisierte er, dass die Verwaltung erst jetzt handele, und forderte konkrete Angebote für Sanierung oder Neubau sowie finanzielle Hilfen von Bund, Land und Bahn.
Auch Nadine Klein (Bürger für Friedrichsthal) zeigte sich erleichtert, dass die Brücke bald wieder nutzbar sein könnte, warnte jedoch: Eine Notlösung allein reiche nicht aus. Sie machte deutlich, dass ein Neubau oder eine Kernsanierung unvermeidlich sei und die Stadt dabei auf externe Unterstützung angewiesen bleibe.
Die SPD unterstützt ebenfalls den Erhalt, machte aber deutlich, dass ohne langfristige Finanzplanung und Fördermittel keine dauerhafte Lösung möglich sein wird. Auch die Grünen sehen die Stadt finanziell überfordert und verweisen darauf, dass Land oder Bund eingebunden werden müssten.
Kritik kam von der Sozialen Fraktion Friedrichsthal (SFF), die der Verwaltung Verzögerungstaktik vorwarf. Positiv bewertete sie, dass auf ihren Vorschlag hin der frühere Bundestagsabgeordnete Lutze als Berater hinzugezogen werden soll.
Bahn hält am Haltepunkt fest
Eine Befürchtung, der Haltepunkt Bildstock könne mit der Sperrung verloren gehen, wies Bürgermeister Jung zurück: „Die Bahn plant nicht, den Haltepunkt aufzugeben. Auch der Fahrkartenautomat bleibt an Ort und Stelle.“
Wie geht es weiter?
Die Verwaltung wird nun Angebote für eine Kernsanierung und für einen möglichen Neubau einholen. Parallel soll sich, so der Auftrag des Rates, um Gelder bei den beteiligten Gesellschaften bemüht werden.
Bis dahin setzt die Stadt auf eine Übergangslösung mit Eigenleistungen des Bauhofs. Für die Bürger bedeutet das: Absehbar wird die Brücke nach Angaben der Stadtverwaltung zwar wieder nutzbar sein – doch die Frage nach einer dauerhaften, sicheren Lösung bleibt erst einmal ungelöst.
Bildquellen
- PXL_20250813_101036557.RAW-01.COVER: Regio-Journal