Wirtschaftsinstitute heben Konjunkturprognose leicht an
Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr leicht angehoben. In der am Donnerstag veröffentlichten Gemeinschaftsdiagnose wird die erwartete Entwicklung der Wirtschaftsleistung für das laufende Jahr auf plus 0,2 Prozent erhöht. Im frühjahr hatten die Institute noch mit einem Wachstum von 0,1 Prozent gerechnet. Für das Jahr 2026 wird weiterhin ein Wachstum von 1,3 Prozent prognostiziert, für 2027 sind es 1,4 Prozent.
Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung
Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und konjunkturpolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), erklärte, die deutsche Wirtschaft stehe weiterhin auf wackeligen Beinen.In den kommenden beiden Jahren sei zwar mit einer spürbaren Erholung zu rechnen, doch angesichts anhaltender struktureller Schwächen werde diese Dynamik nicht von Dauer sein.
Auswirkungen der Finanzpolitik
zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit sowie für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz nutzt die Bundesregierung erweiterte Verschuldungsregeln. Daraus ergeben sich in den kommenden Jahren Impulse für die Wirtschaft,allerdings mit Einschränkungen. Mittel für Bau- und Rüstungsprojekte fließen aufgrund langer Planungs- und Vergabezeiten langsamer ab als im Haushalt vorgesehen. Zudem dienen Kredite auch dazu, eine eigentlich fällige Konsolidierung zu vermeiden. Für das Jahr 2027 entsteht trotz verschobener Mittel aus den erweiterten Kreditmöglichkeiten ein erheblicher Konsolidierungsbedarf.
Entwicklung der Binnenwirtschaft und strukturelle Herausforderungen
Die Binnenwirtschaft kommt nach Einschätzung der Institute spürbar in Fahrt. Allerdings werden die strukturellen Probleme dadurch nur überdeckt. Grundlegende standortstärkende Reformen bleiben aus, was sich in voraussichtlich sinkenden Wachstumsraten des Produktionspotenzials widerspiegelt. Hohe Energie- und Lohnstückkosten im internationalen Vergleich, Fachkräftemangel sowie eine abnehmende Wettbewerbsfähigkeit bremsen die langfristigen Wachstumsaussichten.
Branchenentwicklung und exportaussichten
Die Dienstleistungsbereiche, insbesondere im öffentlichen Sektor, werden den Prognosen zufolge in den kommenden zwei Jahren kräftig zulegen. Die Erholung im Produzierenden Gewerbe dürfte hingegen verhalten ausfallen. Die Auslandsnachfrage nach deutschen Waren bleibt schwach, unter anderem wegen der schwindenden Wettbewerbsfähigkeit und höherer Zölle. Kräftige Zuwächse bei den exporten werden daher dieses Mal nicht als Wachstumstreiber erwartet. Die Erholung konzentriert sich, gestützt durch die expansive Finanzpolitik, auf die Binnenwirtschaft.
Arbeitsmarkt und Inflation
mit der konjunkturellen Belebung dürfte sich auch die Lage am Arbeitsmarkt spürbar verbessern.zusammen mit steigenden real verfügbaren Einkommen stärkt dies den privaten Konsum und damit die konsumnahen Dienstleistungen.Die Verbraucherpreise werden im Prognosezeitraum voraussichtlich um gut zwei Prozent steigen.
Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist weiterhin erheblichen risiken ausgesetzt.Der Handelsstreit zwischen den USA und der EU birgt großes Eskalationspotenzial, insbesondere wenn EU-Zusagen nicht eingehalten werden können. Zudem sind die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der expansiven Finanzpolitik schwer abzuschätzen und hängen stark von der konkreten Ausgestaltung ab.
Hintergrund zur Gemeinschaftsdiagnose
Die Gemeinschaftsdiagnose wird von den instituten Ifo, DIW, IfW, RWI und IWH im auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt. Sie dient der Bundesregierung als Grundlage für ihre eigene Projektion, die wiederum als Basis für die Steuerschätzung herangezogen wird.