Einigung zwischen USA und China nur erster Schritt
Der ehemalige Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevedo, bewertet die jüngste Einigung zwischen den USA und China im Handelsstreit als ersten Schritt, jedoch nicht als bahnbrechenden Erfolg. Gegenüber dem „Spiegel“ äußerte er, dass es sich vielmehr um den Beginn eines langen Weges handle. Bis ein detailliertes und umfassendes Abkommen erreicht sei, würden die Verhandlungen noch sehr schwierig werden.
Auswirkungen der Zollregelungen auf chinesische Produkte
Die vereinbarten Regelungen wirken sich laut Azevedo unterschiedlich auf chinesische Produkte aus.Vieles hänge von den jeweiligen Gewinnspannen ab. Während einige waren weiterhin wettbewerbsfähig bleiben könnten, würden andere durch die neuen Zölle im Vergleich zu Produkten aus den USA und anderen Ländern zu teuer. Zwar werde der Handel zwischen beiden Ländern weiterhin stattfinden, jedoch voraussichtlich abnehmen.
Umfassenderes abkommen erforderlich
Nach Ansicht Azevedos benötigen die USA und China ein wesentlich umfassenderes und detaillierteres Handelsabkommen. Ob dies innerhalb der nächsten 90 Tage erreichbar sei, hält er für äußerst fraglich. Beide Seiten strebten zwar eine Einigung an,doch je näher man einem Abschluss komme,desto härter würden die Verhandlungen.
Verhandlungen als Eingeständnis der USA
Die laufenden Verhandlungen interpretiert Azevedo als Eingeständnis der US-Regierung unter Präsident Donald Trump, mit der Einführung hoher Zölle einen fehler begangen zu haben. Die USA hätten unterschätzt, wie stark die eigene Industrie und die Verbraucher von chinesischen Produkten abhängig seien. Angesichts leerer Häfen und Container werde dies nun zunehmend deutlich.
Zehn Prozent Zoll weiterhin hoch
Selbst eine Einigung auf einen Zollsatz von zehn Prozent auf chinesische Waren hält Azevedo für erheblich. Zwar betone die US-Seite, dass dies die absolute Untergrenze sei, dennoch stelle ein solcher Satz eine signifikante Steigerung dar.
Notwendigkeit multilateraler Gespräche außerhalb der WTO
eine Einigung im Rahmen der WTO hält Azevedo derzeit für unwahrscheinlich. Stattdessen plädiert er dafür, dass sich China, die USA und Europa zusammensetzen und bilaterale Vereinbarungen treffen sollten.Aus diesen könnten allgemeingültige Regeln entstehen, die für alle Länder akzeptabel wären. Dass die US-Regierung aktuell mit mehreren Ländern gleichzeitig verhandle, sei daher positiv zu bewerten. Aus diesen parallelen Gesprächen könnte letztlich ein Netzwerk entstehen, vergleichbar mit früheren Verhandlungsrunden wie der Kennedy- oder Doha-Runde. Diese aktuelle Phase bezeichnete Azevedo als „Trump-Runde“.