IWH hebt Konjunkturprognose für Deutschland an
Leichtes Wachstum für 2025 und 2026 erwartet
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat seine Konjunkturprognose für Deutschland nach oben korrigiert. Unter der Annahme, dass die USA ihre Handelskonflikte nicht weiter eskalieren lassen, dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung im Jahr 2025 um 0,4 Prozent wachsen. Dies wäre die erste Zunahme seit zwei Jahren. Noch im März hatte das IWH lediglich ein Wachstum von 0,1 Prozent prognostiziert.Für das Jahr 2026 rechnen die Forscher mit einem Zuwachs von 1,1 Prozent. Ähnliche Wachstumsraten werden auch für Ostdeutschland erwartet.
Verbesserte konjunkturelle Lage im ersten Halbjahr 2025
Die konjunkturelle Situation in Deutschland hat sich in der ersten Jahreshälfte 2025 leicht verbessert. Dazu beigetragen hat eine vorübergehend erhöhte Nachfrage aus den USA, ausgelöst durch die Erwartung steigender Zollsätze. Diese erwartung führte im ersten Quartal 2025 zu einem Boom der US-importe. Auch im Euroraum erhielt die gesamtwirtschaftliche Expansion dadurch einen kleinen Schub. Gleichzeitig ließ die Preisdynamik sowohl in den USA als auch im Euroraum in den vergangenen Monaten weiter nach, was unter anderem auf den deutlichen Rückgang des Erdölpreises zurückzuführen ist.
Zinssenkungen erwartet, Finanzpolitik belastet US-Konjunktur
Laut IWH dürften die Leitzinsen sowohl in den USA als auch im Euroraum im weiteren Jahresverlauf gesenkt werden. Während die Finanzpolitik in den USA die Konjunktur in diesem und im kommenden Jahr spürbar belastet, bleibt die Finanzpolitik im Euroraum weitgehend neutral. Aufgrund der Zollerhöhungen in den USA wird der welthandel in der zweiten Jahreshälfte 2025 voraussichtlich deutlich zurückgehen. Dennoch erwarten die Forscher unter der Annahme, dass die Handelskonflikte nicht weiter eskalieren, keine Rezession. Insgesamt prognostiziert das IWH für die Weltwirtschaft in den Jahren 2025 und 2026 jeweils ein Wachstum von 2,3 prozent.
Deutsche Wirtschaft zeigt erste Anzeichen der Erholung
Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH, sieht zunehmend Anzeichen einer konjunkturellen Erholung in Deutschland. seit Jahresbeginn haben sich die Geschäftsaussichten der Unternehmen langsam verbessert, und die Produktion stieg im ersten Quartal 2025 um 0,4 Prozent. Die Exporte legten im gleichen Zeitraum um 3,2 Prozent zu, was jedoch größtenteils auf die temporär erhöhte Nachfrage aus den USA zurückzuführen ist. Auch der private Konsum hat erstmals seit längerer Zeit wieder deutlich zugenommen.
Strukturelle Probleme belasten weiterhin
Die privaten Ausrüstungsinvestitionen sind hingegen erneut gesunken, was den seit zwei Jahren bestehenden trend fortsetzt. Strukturelle Herausforderungen wie der demographische Wandel, die Energiewende und der Strukturwandel in China belasten die deutsche Wirtschaft weiterhin. Unterstützend wirkt dagegen die geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB), insbesondere durch günstigere Finanzierungskonditionen für die Immobilienwirtschaft.
Risiken durch handelskonflikte bleiben bestehen
Die Prognose des IWH basiert auf der Annahme, dass die US-Zölle auf dem aktuellen Niveau verbleiben. Unter diesen Bedingungen wird für das zweite und insbesondere das dritte Quartal 2025 mit einem Rückgang der deutschen Exporte gerechnet. Die konjunkturelle Erholung dürfte dadurch zwar gedämpft, aber nicht vollständig gestoppt werden. Erst ab 2026 dürfte sich eine finanzpolitische Wende spürbar positiv auf die Produktion auswirken. Das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit bleibt während des gesamten prognosezeitraums hoch.
Oliver holtemöller weist darauf hin, dass eine mögliche Eskalation der US-Handelskonflikte ein erhebliches risiko für die deutsche Konjunktur darstellt. So wurde die Anfang April angekündigte Erhöhung der US-Zölle auf EU-Waren nur temporär bis Juli reduziert, um Raum für Verhandlungen zu schaffen.
Konflikt zwischen USA und China belastet deutsche Industrie
Auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China birgt erhebliche Risiken für die deutsche Wirtschaft. Verzögerungen bei Lizenzvergaben für Ausfuhren seltener Erden haben bereits zu Engpässen geführt,die Teile der Produktion im verarbeitenden Gewerbe bedrohen. Laut IWH stellt der wirtschaftliche Gegensatz zwischen den USA und China die deutsche Industrie vor besondere Herausforderungen, da sie eng mit Produzenten in beiden Wirtschaftsräumen verflochten ist.