Arbeitsmarktexperte widerspricht Merz bei Mehrarbeit
Der Arbeitsmarktexperte Alexander Herzog-Stein hat Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz widersprochen, wonach nur mit Mehrarbeit der Wohlstand in Deutschland gesichert werden könne. Herzog-Stein, Leiter des Referats Arbeitsmarktökonomik am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, bezeichnete es gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe als Irrtum, dass längere Arbeitszeiten automatisch zu einer höheren Stundenproduktivität führen würden. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall.
Überstunden könnten Produktivität senken und Unfallrisiko erhöhen
Herzog-Stein warnte ausdrücklich vor den Folgen steuerlich begünstigter Überstunden, wie sie derzeit von der Regierung geplant sind. Diese könnten seiner Einschätzung nach die individuelle Stundenproduktivität sogar verringern und zugleich das Risiko von Arbeitsunfällen erhöhen. Eine dauerhafte Steigerung des Wirtschaftswachstums durch längere Arbeitszeiten hält der Experte daher für unwahrscheinlich.
Merz fordert mehr Arbeitseinsatz, IW-Direktor schlägt Feiertagsstreichung vor
Friedrich Merz hatte zuvor beim CDU-Wirtschaftstag erklärt, Deutschland müsse wieder mehr und effizienter arbeiten. Mit Konzepten wie einer viertagewoche oder einer stärkeren Work-Life-Balance lasse sich der Wohlstand des Landes nicht erhalten. Unterstützung erhielt Merz von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Hüther schlug gegenüber den Funke-zeitungen vor, zur kurzfristigen und effektiven Steigerung der Wirtschaftsleistung einen Feiertag abzuschaffen.
Experte fordert Investitionen in Sach- und Humankapital
Herzog-Stein hingegen plädierte für eine Ausweitung der Investitionen in Sach- und Humankapital. Das geplante Sondervermögen von 500 Milliarden euro für öffentliche Investitionen biete gute Chancen,wichtige wirtschaftliche Impulse zu setzen. Gleichzeitig mahnte er, bei Investitionen in Humankapital seien größere Anstrengungen notwendig. Zu viele junge Menschen in Deutschland blieben ohne Ausbildungsabschluss.Würde sich dies nachhaltig ändern, hätte dies positive Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität, so Herzog-Stein.
Weiterführender Kontext
Die Diskussion über längere Arbeitszeiten und deren Auswirkungen auf Produktivität und Wohlstand wird in Deutschland seit längerem kontrovers geführt. Befürworter argumentieren, dass eine Erhöhung der Arbeitszeit kurzfristig zu einer höheren Wirtschaftsleistung führen könne. Kritiker hingegen verweisen auf Studien, die zeigen, dass längere Arbeitszeiten nicht zwangsläufig zu höherer Produktivität führen, sondern oft mit gesundheitlichen Risiken und sinkender Effizienz verbunden sind.