DRK-Präsident Gröhe rechnet mit Rückkehr des Zivildienstes
Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Hermann Gröhe, hält eine Rückkehr des Zivildienstes für wahrscheinlich. Die sicherheitspolitische Lage spreche dafür, dass Verpflichtungen zunehmen würden, sagte Gröhe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ, Donnerstagsausgabe). Dann müsse es auch Möglichkeiten für Wehrdienstverweigerer geben.
Bevölkerungsschutz und Zusammenarbeit mit der Bundeswehr
Gröhe verwies darauf, dass die Anschreiben zur Wehrerfassung bereits Hinweise zu Freiwilligendiensten enthielten. Dies sei ein Erfolg der Wohlfahrtsverbände. Die Träger solcher Dienste seien nach seinen Worten in der Lage, vielen jungen Menschen entsprechende Angebote zu machen. Dies könnte auch den Bevölkerungsschutz stärken.
Zugleich kritisierte der frühere Bundesgesundheitsminister Defizite im Bevölkerungsschutz, der den Katastrophenschutz und den Zivilschutz im Verteidigungsfall umfasst. Er forderte eine engere Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften und den anerkannten Hilfsorganisationen. Seit zehn Jahren verspreche die Politik die Bereitstellung von zehn „Betreuungsmodulen“ für die autarke Notversorgung von jeweils 5.000 menschen. Bisher sei jedoch nur eine Einheit finanziert worden.
Es brauche den politischen Willen,das Notwendige zu tun,sagte Gröhe. Der staat müsse liefern. Das DRK benötige zeitnah Investitionen von rund 2,1 Milliarden Euro und anschließend jährlich eine weitere Milliarde Euro. Damit solle der Bevölkerungsschutz, die Rettungsdienste sowie die hauptamtlichen Kräfte gestärkt werden. Diese Mittel fielen nach seinen Angaben unter die Ausnahmen von der Schuldenbremse.
Kritik an Kürzungen bei der Auslandshilfe
Gröhe warf der Bundesregierung vor, bei der Auslandshilfe den Koalitionsvertrag gebrochen zu haben. Statt die humanitäre Hilfe in Krisenregionen wie vereinbart zu stärken, seien die Haushaltsmittel auf eine Milliarde Euro im Jahr halbiert worden. Benötigt würden jedoch drei Milliarden Euro,unter anderem für den Sudan. Dort seien 30 Millionen der 50 millionen einwohner auf humanitäre Hilfe zum Überleben angewiesen.
Den Gazastreifen erreichten Gröhe zufolge seit Beginn des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas zwar wieder Hilfsgüter, jedoch bei Weitem nicht in ausreichendem Umfang. Zudem erschwerten die umfassenden Zerstörungen die Verteilung der Hilfen. Die Menschen lebten unter schwierigen Bedingungen. Das DRK habe kürzlich erneut Hilfsgüter nach Gaza gebracht und sei bereit, mehr zu leisten, sobald dies möglich werde.
Finanzlage der DRK-Kliniken und Rettungsdienste
Krankenhäuser in wirtschaftlichen Schwierigkeiten
Die Lage des Gesundheitswesens in Deutschland bewertet Gröhe kritisch. In den vergangenen Monaten habe jedes vierte DRK-Krankenhaus Insolvenz angemeldet. Inzwischen seien es nur noch 30 Kliniken. Die Pläne von bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu einer notfallreform müssten aus seiner Sicht nachgebessert werden.
Forderungen für rettungsdienste
Gröhe verlangte für die Rettungsdienste eine Vorhaltefinanzierung für größere Schadenslagen wie Massenunfälle oder Katastrophen. Außerdem müsse die sogenannte Bereichsausnahme erhalten bleiben, nach der Rettungsdienste ohne Ausschreibung von Ländern oder Kommunen beauftragt werden dürfen.Rein kurzfristiges wirtschaftliches Denken würde Deutschland nach seinen Worten langfristig teuer zu stehen kommen.
Ausbildung in Erster Hilfe
In der FAZ sprach sich Gröhe für verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse für kinder und Jugendliche aus.Noch immer werde bei einem Herzstillstand nur in der Hälfte der Fälle von Laien mit der wiederbelebung begonnen, gab er zu bedenken. Wiederbelebungsmaßnahmen sollten daher verpflichtend und regelmäßig in den Schulen auf dem Programm stehen. Dem Vorbild einiger Bundesländer müsse ganz Deutschland folgen.
Pflegegrade und Pflegeversicherung
Zwischen 2013 und 2018 war Gröhe Gesundheitsminister unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). In der Pflegeversicherung führte er 2017 anstelle der drei Pflegestufen fünf Pflegegrade ein. Im Zuge der aktuellen Spardebatte wird über den Pflegegrad eins für geringen Betreuungsbedarf diskutiert.Arbeitgeber fordern dessen Abschaffung wegen der Gefahr von Mitnahmeeffekten.
Gröhe räumte ein, dass man darüber streiten könne, welche hauswirtschaftliche Unterstützung zu Beginn einer Pflegebedürftigkeit Aufgabe der pflegeversicherung sein solle. Pflegegrad eins sei jedoch sinnvoll, etwa für Beratungsleistungen oder den altengerechten Umbau eines Badezimmers.











