EVG fordert Abberufung von DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta
Die eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert die zeitnahe Abberufung von Sigrid Nikutta, Vorstandschefin von DB Cargo. In einem Brief der stellvertretenden EVG-Vorsitzenden Cosima Ingenschay, über den der „Spiegel“ berichtet, heißt es, die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn habe nur eine Zukunft, wenn Nikutta dort keine Zukunft mehr habe. Das Schreiben wurde am Montag an die neue Bahn-Chefin Evelyn Palla und an Bahn-Aufsichtsratschef Werner Gatzer gesendet.
Kritik an unternehmensstrategie und Führung
Laut dem Brief folge DB Cargo unter Nikutta einer „Strategie des kopflosen Schrumpfens, Kleinmachens und Zerstückelns“. Das Unternehmen stehe „unmittelbar vor einem gefährlichen Kipppunkt“. Die Bilanz von Nikutta wird als „verheerend“ bezeichnet, die Führungsspitze von DB cargo sei mittlerweile „ein Standortrisiko für unser Land“.
seit dem Amtsantritt von Nikutta habe DB Cargo vor Zinsen und Steuern ein Minus von mehr als 3,1 Milliarden Euro verzeichnet, so Ingenschay. Die von Nikutta vertretene Strategie sei nicht durch die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine gebremst worden, sondern habe grundsätzlich nicht funktioniert.
Vorwürfe zu Umsetzung und kommunikation
die EVG wirft Nikutta vor,bereits vereinbarte Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung,wie den flexibleren Einsatz von Lokführern,nicht umzusetzen. Stattdessen würden ständig neue Themenfelder eröffnet, die weder zu Ende gedacht noch umgesetzt würden. Die Energie der Cargo-Chefin fließe „in Schlagzeilen, nicht in Lösungen“. Beschäftigte und Kunden hätten erkannt, dass Nikutta nicht für DB Cargo, sondern für sich selbst arbeite.
Hintergrund und weitere Entwicklungen
Die EVG hatte Nikuttas Berufung zur Cargo-Chefin ursprünglich unterstützt und mit ihr auf eine wirtschaftliche Trendwende gehofft.Diese sei jedoch bislang ausgeblieben. Positive Ergebnisse würden ausschließlich durch Einmaleffekte erzielt. Aufgrund von Vorgaben der EU-Kommission dürfen die Verluste von DB Cargo nicht mehr durch die Bahn-Holding ausgeglichen werden. Ab 2026 muss die Gütersparte schwarze Zahlen schreiben, andernfalls droht im schlimmsten Fall die Zerschlagung.
Ein Sanierungskonzept der Unternehmensberatung Oliver Wyman hatte empfohlen, das Geschäft mit dem Einzelwagenverkehr weitgehend einzustellen. Auf politischen Druck soll Nikutta ein neues Konzept vorlegen. der Vorstand verschleppe jedoch laut EVG die vom Aufsichtsrat geforderte Anpassung des Transformationsprogramms und damit die Bewertung der Sanierungsfähigkeit von DB Cargo. Erst auf Nachfrage sei ein erster Einblick in die Pläne gewährt worden, die erneut einen umfangreichen Stellenabbau vorsehen. Eine Geschäftsentwicklung finde weiterhin nicht statt.
Rolle von Cosima Ingenschay im Aufsichtsrat
Cosima Ingenschay ist auch stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats von DB Cargo. Der Vorsitz ist nach der Abberufung des bisherigen Bahn-Chefs Richard Lutz vakant. Ingenschay betont, sie sehe sich nun umso mehr in der Verantwortung, die Geschäftsführung und Unternehmenspolitik kritisch zu hinterfragen.
Eigentlich müssten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bis zum 15. november in Verhandlungen über weitere sanierungsmaßnahmen befinden, so Ingenschay gegenüber dem „Spiegel“. Dies sei eine Voraussetzung für neue Kredite an DB Cargo. Auf ein Konzept zum Einzelwagenverkehr warte man jedoch seit Ende Juli, die Zeit dränge. Ingenschay betont,sie nehme ihre Rolle im Aufsichtsrat sehr ernst und könne die Augen nicht verschließen.