scholz nutzte laut Habeck Richtlinienkompetenz in Gaskrise
Der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat kurz vor dem Ende seiner Amtszeit möglicherweise von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht.
Bericht über Brief von Habeck an Scholz
Das „Handelsblatt“ berichtet in seiner Mittwochsausgabe unter Berufung auf einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz über einen Brief des damaligen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) an Scholz, datiert auf den 9. April 2025. In dem Schreiben beschreibt Habeck, dass Scholz ihn gebeten habe, die „Alarmstufe Gas“ aufrechtzuerhalten. Habeck schreibt: „ihre Bitte muss ich – auch vor dem Hintergrund unseres Telefonats am 3. April 2025 – als Ausübung ihrer Richtlinienkompetenz verstehen.“
Bestätigung durch Rechtswissenschaftler
Der Rechtswissenschaftler Martin Morlok von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf bestätigt diese Einschätzung. Morlok erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass Scholz seine Richtlinienkompetenz in diesem Fall eingesetzt habe.
Hintergrund zur Alarmstufe Gas
Habeck hatte die Alarmstufe Gas im Juni 2022 infolge der reduzierten gaslieferungen aus russland ausgerufen.Diese Stufe ermöglicht Sonderrechte zur Sicherung der Gasversorgung. Zu Beginn des Jahres 2025 wollte Habeck die Alarmstufe wieder aufheben. In dem Brief an Scholz schreibt er: „Die Gründe für die Alarmstufe sind weggefallen, hierüber sind sich alle Fachleute einig.“
Richtlinienkompetenz in der Geschichte der Bundesrepublik
In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sind nur zwei Fälle bekannt, in denen ein Bundeskanzler sich auf die richtlinienkompetenz berief. 1956 setzte Konrad Adenauer (CDU) mit dem sogenannten „Kanzler-Machtwort“ eine Rentenreform durch. Im Jahr 2022 wies Scholz den Weiterbetrieb der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke an. Später wurde in einem Untersuchungsausschuss des bundestags bekannt, dass dieses Machtwort mit Habeck und Finanzminister Christian lindner (FDP) abgesprochen war.
Keine Stellungnahmen von Scholz und Habeck
Das Abgeordnetenbüro von Scholz verwies auf das Bundespresseamt, das mehrere Tage lang keine Fragen beantwortete. Auch Habeck teilte mit, sich zu dem Sachverhalt nicht äußern zu wollen.